Liebt nicht mit Worten, sondern in Taten
Auf Initiative von Papst Franziskus begeht die katholische Kirche am 19. November 2017 erstmals den „Welttag der Armen“. Er soll jährlich am Sonntag vor dem Christkönigsfest begangen werden. Aus Anlass des Welttags der Armen erklären der Vorsitzende der Pastoralkommission der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Franz-Josef Bode, der Vorsitzende der Kommission Weltkirche, Erzbischof Ludwig Schick (Bamberg), und der Vorsitzende der Kommission für caritative Fragen, Erzbischof Stephan Burger (Freiburg):
„Als Vorsitzende der Pastoralkommission, der Kommission Weltkirche und der Kommission für caritative Fragen der Deutschen Bischofskonferenz unterstreichen wir die Bedeutung und Wichtigkeit des Aufrufs von Papst Franziskus zum Welttag der Armen, den er unter das Motto ‚Liebt nicht mit Worten, sondern in Taten‘ stellt. In seiner Botschaft lädt der Papst ‚die gesamte Kirche sowie alle Menschen guten Willens ein, an diesem Tag ihren Blick auf die zu richten, die mit ausgestreckter Hand um Hilfe bitten und auf unsere Solidarität hoffen.‘
Auch in Deutschland, einem der reichsten Länder der Erde, gibt es Armut. Mit Sorge sehen wir, dass nahezu jeder Fünfte in unserem Land von Armut oder dem Risiko in Armut zu fallen betroffen ist. Mit der Armut sind nicht nur finanzielle Nöte verbunden, sondern auch gesundheitliche Beeinträchtigungen, mangelndes Selbstwertgefühl und soziale Ausgrenzung, da mit materieller Armut oft der Verlust an gesellschaftlicher Teilhabe einhergeht. Politik und Gesellschaft müssen ein entschiedenes Interesse daran haben, dieser Armut entgegenzutreten.
In Jesu Worten finden wir zahlreiche Aufrufe, sich den Armen zuzuwenden und ihnen unterstützend beizustehen. Dieser Auftrag gilt für die Gesellschaft insgesamt wie für jeden persönlich. Die Nächstenliebe, die zum Teilen einlädt, ist neben der Gottesliebe das höchste Gebot. Dieses Gebot ruft uns dazu auf, die Nähe zu den Armen zu suchen und nicht darauf zu warten, bis uns diese nahekommen. Wir sind aufgefordert, uns zum Nächsten des Bedürftigen zu machen. Allzu oft stehen wir dem Armen entweder distanziert oder als generöser Almosenspender gegenüber, statt ihm auf Augenhöhe zu begegnen. Doch niemand, der selbst- oder unverschuldet in Armut geraten ist, sollte von uns gering geschätzt werden.
Am Sonntag, dem 19. November 2017, gedenkt die katholische Kirche in Deutschland auch der heiligen Elisabeth von Thüringen, die ein Leben reich an Hingabe und Aufopferung für die Armen geführt hat. Ihr Zeugnis und die Zeugnisse vieler bekannter und unbekannter Helfer können uns Vorbild sein, an die Ränder der Gesellschaft zu gehen und dort hilfreich zu wirken. Diese Ränder finden wir nicht nur in unserem Land, sondern in oft noch dramatischerer Ausprägung in der ganzen Welt. So trägt der Welttag der Armen seinen Namen nicht nur, weil ihn Katholiken weltweit begehen, sondern auch, weil er unseren Blick über die Grenzen Deutschlands und Europas hinaus lenkt.
Viele Menschen leben in bitterster Armut, oft chancenlos und jenseits staatlicher oder ziviler Hilfe. Um dies zu ändern, müssen auf nationaler und internationaler Ebene die Entscheidungen und Strukturen in Politik, Wirtschaft und Verwaltung stärker am Gemeinwohl orientiert werden. Frieden, gute Regierungsführung und eine faire Wirtschafts- und Handelspolitik sind zur Armutsbekämpfung unabdingbar. Wir müssen uns auch kritisch fragen, wo unser Wohlstand auf Kosten anderer erwirtschaftet wird. Wir brauchen Einsicht und Maßnahmen, die dazu führen, die Güter dieser Erde gerechter unter den Völkern zu verteilen.
Neben politischen und strukturellen Reformen zugunsten einer stärkeren Armenorientierung sind auch eine Bewusstseins- und Verhaltensänderung jedes Einzelnen notwendig. Wir laden alle ein, diesen Tag zum Anlass zu nehmen, uns selbst und unsere Konsumgewohnheiten zu überprüfen. Papst Franziskus fordert uns auf, der Wegwerfkultur und der Kultur des Überflusses eine ‚wahre Kultur der Begegnung‘ entgegenzustellen. Denn die Zuwendung zu den Armen kann nicht nur materiell geschehen: Gerade die persönliche Begegnung, ein Gespräch, ein aufrichtiges Interesse am Gegenüber können eine große Hilfe sein. Eine solche Offenheit gegenüber den Armen kann uns helfen, vom Betrachter zum Beteiligten zu werden. Der Papst weist in seiner Botschaft zum Welttag der Armen darauf hin, dass ‚das Teilen mit den Armen es uns ermöglicht, das Evangelium in seiner tiefsten Wahrheit zu verstehen‘. In der Begegnung mit den Armen begegnen wir Christus selbst. Ergreifen wir an diesem Welttag der Armen die Chance, uns evangelisieren zu lassen, indem wir auf die Armen zugehen und mit ihnen solidarisch sind!
Viele Ehren- und Hauptamtliche in Deutschland leisten Tag für Tag ihren aufopferungsvollen und unverzichtbaren Dienst am Nächsten. Ihnen allen gelten unser besonderer Dank und die Versicherung, dass die Kirche sie bei ihrer Arbeit weiterhin unterstützen wird. In vielen Gemeinden und Einrichtungen wurde und wird dieser Tag zum Anlass genommen, besondere Aktivitäten im Dienst an den Armen zu unternehmen. Auch hierfür sagen wir herzlichen Dank. Zugleich möchten wir alle ermutigen, die in sich den Wunsch verspüren zu helfen, nicht zu zögern, dieses Anliegen in die Tat umzusetzen und sich im Dienst an den Armen einzubringen.“