Das Verfahren zur Anerkennung des Leids besteht für die Betroffenen bewusst in Ergänzung des Rechtsweges zu den ordentlichen Gerichten: Betroffene können ihre Forderungen gegen die Beschuldigten häufig nicht mehr gerichtlich durchsetzen, etwa weil diese verstorben oder die Taten verjährt sind. Diesen und allen Betroffenen sexuellen Missbrauchs bietet das Verfahren die Möglichkeit, einfach und ohne die Belastungen eines Gerichtsverfahrens Geldleistungen zu erhalten. Anders als vor staatlichen Gerichten muss die betroffene Person im Verfahren den sexuellen Missbrauch oder dessen Folgen nicht beweisen. Es genügt, wenn die Schilderung der betroffenen Person plausibel ist.
Betroffene können den Antrag nicht eigenständig stellen und auch die gesamte Kommunikation mit der Unabhängigen Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA), die über den Antrag entscheidet, erfolgt ausschließlich über die Ansprechpersonen bzw. die im Bistum Osnabrück zuständigen Personen. Die unabhängigen Ansprechpersonen oder die Ombudsstelle des Bistums Osnabrück bieten Betroffenen in Gesprächen Unterstützung bei der Antragstellung und der schriftlichen Schilderung der Tat.
Das Verfahren zur Anerkennung des Leids verläuft in fünf Schritten:
- Personen, die als minderjährige oder erwachsene Schutzbefohlene sexuellen Missbrauch durch einen Kleriker oder einen anderen Beschäftigten im kirchlichen Dienst erlebt haben, wenden sich an die unabhängigen Ansprechpersonen des Bistums, deren Kontaktdaten hier zu finden sind.
- Die unabhängigen Ansprechpersonen führen ein Gespräch und können beim Ausfüllen des Antragsformulars unterstützen.
- Der Antrag wird vom Bistum durch die Unabhängige Beauftragte bearbeitet und an die UK) weitergeleitet.
- Die Unabhängige Kommission legt eine Leistungshöhe fest und weist die Auszahlung an Betroffene an.
- Die Geschäftsstelle der Unabhängigen Kommission informiert die betroffene Person sowie das Bistum Osnabrück und zahlt die festgelegte Summe direkt aus.
Im Folgenden finden Sie Antworten auf häufig gestellte Fragen zum Thema. Weiter Informationen zum Verfahren gibt es auch auf der Internetseite der UKA.
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Antragsberechtigt sind Personen, die als Minderjährige oder schutz- oder hilfsbedürftige Erwachsene sexualisierte Gewalt durch einen Kleriker oder einen anderen im kirchlichen Dienst Beschäftigten erfahren haben.
Für die Antragstellung ist es unerheblich, ob die Person bereits Leistungen vom Bistum Osnabrück erhalten hat oder nicht. Auch Personen, die bereits Leistungen erhalten haben, z. B. in Form von Geldbeträgen, was gerade zu Beginn der Aufarbeitung der Fall war, oder schon einmal einen Antrag bei der Zentralen Koordinierungsstelle (ZKS) (Vorgängerin der UKA) gestellt haben, können Leistungen erhalten.
Für Betroffene, die bereits Leistungen erhalten haben, gibt es bei der UKA ein verkürztes Verfahren, um die Gefahr einer Retraumatisierung zu minimieren. Bereits erhaltene Leistungen in Anerkennung des Leids werden auf eine Entscheidung der UKA angerechnet. Dies gilt nicht für Leistungen im Rahmen der Kostenerstattung für Therapie und Paarberatung.
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Es kann eine materielle Zahlung beantragt werden. Die Leistungen werden für jeden Betroffenen individuell festgelegt; es gibt keine pauschale Leistung.
Auf der Grundlage eines von einem approbierten Psychotherapeuten vorgelegten Behandlungsplans werden Behandlungskosten von bis zu 50 Stunden übernommen. Auf Grundlage des von einem Paarberater, der Psychologe oder Psychotherapeut sein muss, vorgelegten Behandlungsplans werden 25 Sitzungen für einen Stundensatz in Höhe von max. 125 Euro entsprechend der Gebührenordnung für Psychotherapeuten übernommen.
Eine materielle Zahlung in Anerkennung des Leids kann zusammen mit der Übernahme von Kosten für Therapie oder Paarberatung beantragt werden. Die Leistungen werden unabhängig voneinander erbracht, und es folgt keine Verrechnung.
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Die Zahlungen orientieren sich an Urteilen zu Schmerzensgeldern staatlicher Gerichte in vergleichbaren Fällen. Damit wird ein außerkirchlicher Bezugsrahmen herangezogen, der gesellschaftlich und der Höhe nach in der Rechtsprechung der deutschen Gerichte verortet ist sowie eine Weiterentwicklung erfährt.
In der Regel werden Beträge zwischen 1.000 und 50.000 Euro gezahlt. In besonders schwerwiegenden Härtefällen kann die Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen im Einvernehmen mit dem Bistum auch höhere Leistungen oder sonstige Unterstützungen festsetzen.
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Nein, das Verfahren ist kostenlos.
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Das Verfahren zur Anerkennung des Leids schneidet den Betroffenen den Weg zu den staatlichen Gerichten nicht ab: Jeder betroffenen Person steht der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten offen.
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Die Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA) ist interdisziplinär mit Fachleuten aus Recht, Medizin und Psychologie besetzt. Die Mitglieder stehen in keinem Anstellungsverhältnis zu einer (Erz-)Diözese oder einer anderen kirchlichen Einrichtung und arbeiten weisungsunabhängig. Detaillierte Informationen zu den Mitgliedern der UKA gibt es hier.
Die UKA kann, orientiert an den Urteilen staatlicher Gerichte zu Schmerzensgeldzahlungen, Leistungen in entsprechender Höhe festlegen. Damit wird ein außerkirchlicher Bezugsrahmen herangezogen, der gesellschaftlich und der Höhe nach in der Rechtsprechung der deutschen Gerichte verortet ist sowie eine fortlaufende Weiterentwicklung erfährt. Das Verfahren zur Anerkennung des Leids kennt keine Höchstgrenze von Leistungen.