Muttertag
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Mutter Gottes – modern, lebensnah, vorbildlich?
An jedem zweiten Sonntag im Mai ist in Deutschland Muttertag – und das seit 1923. Wie kam es eigentlich dazu? Der Ursprung dieses Tages kommt aus England: Dort wurde bereits im 13. Jahrhundert „Mothering Day“ gefeiert. Auch wenn damit eigentlich „Mutter Kirche“ gemeint war, entstand daraus schnell ein Fest für alle Mütter. Ein Fest, an dem die Mamas von ihren Kindern vor allem mit Kuchen beschenkt wurden.
Im Jahr 1907 griff Anna Jarvis aus Philadelphia in den USA die Idee des Muttertages wieder auf: Sie dachte dabei an ihre eigene Mutter, die sich für die Rechte aller Mütter eingesetzt hatte. Zwei Jahre nach dem Tod ihrer Mutter ließ Anna Jarvis am 12. Mai 1907 in ihrer Heimatkirche einen Gedenkgottesdienst für sie feiern und setzte sich weiter dafür ein, einen Tag der Mutter als anerkannten Feiertag herbeizuführen – mit Erfolg. Der erste offizielle Muttertag wurde 1908 gefeiert, 1914 wurde er in den USA zum Staatsfeiertag ernannt. Und die Idee kam schließlich nach Europa.
Maria als Ideal
Mütter sind da, sind gut, liebevoll, fürsorglich. Begriffe wie Mutterliebe oder Muttergefühle prägen ein Mutterbild, das nicht immer selbstverständlich war. Erst im 18. und 19. Jahrhundert fingen Literaten und Pädagogen an, feste Zu- und Vorschreibungen zu machen, wie eine gute Mutter sein sollte. Der Mutterkult erhöhte Frauen in dieser Zeit zu gesellschaftlichen Heiligen: Sie hielten die Familien zusammen und festigten so das bürgerliche Leben. Dieses Mutterbild hatte ein Ideal – Maria, die Mutter Gottes, Vorbild der perfekten Mutter. Madonnenhafte Tugenden wie Liebesfähigkeit, Demut, Gehorsam, Schönheit oder Reinheit, sie wurden auch von Frauen eingefordert. Dass gerade Maria zum Ideal wurde, verwundert nicht. Schon jahrhundertelang wurde sie in zahlreichen frommen Praktiken in der Kirche verehrt.
„Maria hat zu allen Zeiten die Menschen in Atem gehalten“, sagt Martina Kreidler-Kos, promovierte Theologin und Referentin für Frauenseelsorge und Ehe- und Familienpastoral im Bistum Osnabrück. „Es gab zarte Annäherungsversuche, vertraute Anrufungen, feste Gebetsrituale und gut besuchte Wallfahrtsstätten. In unseren Tagen gibt es all das zwar immer noch, aber es herrscht auch ein großes Schweigen.“
Dabei könnte Maria auch heute als Vorbild dienen, meint Kreidler-Kos. Doch nicht als eines, das entfernt auf einem Sockel steht. „Dann fühlen wir uns klein, und sie wird so groß, dass wir uns ihr nicht nähern können“, erklärt die Theologin. „Wir benötigen ein Update für unser Marienbild – neue Begriffe wie Wegbegleiterin oder Menschenfreundin.“ In unseren Tagen bräuchten wir keine zarte Himmelskönigin, keine reine Jungfrau und keine ferne Muttergottes. „Wir brauchen eine Frau, die das Leben kennt.“
Moderne Mutter, zum Greifen nahe
Kreidler-Kos hat ein Buch zu genau diesem Thema geschrieben. Der Titel: „Maria von Nazaret – Annäherungen“. Es versammelt Texte, die Maria ganz lebensnah zeigen. „Maria ist eine Frau, die um die Widrigkeiten des Alltags weiß“, betont Kreidler-Kos, selbst Mutter von vier Söhnen. „Maria und Josef waren Vertriebene, waren Flüchtlinge – verblüffend, wie aktuell die Bibel ist“, sagt sie. Außerdem: Die Probleme in der Beziehung zu Josef, die schwierige Geburt, den Tod des eigenen Kindes. „Maria, wie sie uns im Neuen Testament begegnet, ist nicht vollkommen. Sie hat Probleme, die auch unsere sein könnten“, sagt Kreidler-Kos. Man denke nur an das forsche Auftreten des heranwachsenden Jesus ihr gegenüber im Tempel und die Schwierigkeiten vieler Eltern mit ihren pubertierenden Kindern. Maria wird so zu einer modernen Mutter, die zum Greifen nahe ist. Und nicht zu einer Frau, die sich demütig ihrem Schicksal fügt.
Zwei Punkte zeichnen Maria für Kreidler-Kos besonders aus: Der Erste ist ihre bedingungslose Liebe zu Jesus. Auch am Kreuz steht sie zu ihm, lässt ihn nicht allein. „Ich kann mich immer auf dich verlassen“, ist eine Botschaft der Mutter Maria. „Eine Frau, die all das erlebt hat, findet zu ihrem Sohn. Sie ist die erste Gläubige der jungen Kirche“, sagt Kreidler-Kos. „Marias Geschichte ist eine Glaubensgeschichte durch Höhen und Tiefen.“ Der zweite Punkt: die Zusage Gottes, dass ihr Sohn auserwählt ist. Bei allem, was sie tut, glaubt und vertraut sie auf diese Zusage. Eine Maria, die so im Leben steht, und die ihrem Kind immer zu verstehen gibt „Ich glaube an dich, ich stehe zu dir“ kann – bei allen alltäglichen Schwierigkeiten – nicht nur Vorbild für Frauen und Mütter sein, sondern sicher auch für Männer und Väter.
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