Online-Beratung bei Krisen im Alltag

Hände am Laptop
Bild: AdobeStock.com, Gorodenkoff

Erschöpfung und Ängste angesichts der Herausforderungen der heutigen Zeit, Probleme in einer Beziehung, mit Kindern oder im persönlichen Alltag – das sind nur einige der Themen, mit denen sich die Mitarbeitenden der Ehe-, Familien-, Lebens- und Erziehungsberatungsstellen (efle) täglich beschäftigen.

Neun Beratungsstellen gibt es im Bistum Osnabrück an verschiedenen Standorten – und die Möglichkeit zur Online-Beratung im Internet. Diplom-Psychologin Susanne Rademacher, die die psychosoziale Online-Beratung leitet und als Beraterin in der Psychologischen Beratungsstelle Meppen arbeitet, kümmert sich gemeinsam mit zwei Kolleginnen um Anfragen, die auf digitalem Wege eingehen. Im Interview erzählt sie, was dieses Angebot so besonders macht.

Wer kann sich an die Online-Beratung wenden?

Susanne Rademacher
Susanne Rademacher

Erstmal jeder Mensch, der ein Problem hat, bei dem er oder sie alleine gerade nicht weiterkommt – die digitale Beratung erstreckt sich auf all unsere Beratungsfelder. Jede und jeder kann sich melden, auch Kinder und Jugendliche. Anders als in den Beratungsstellen vor Ort ist die Beratung im Internet ortsunabhängig, sie kann also auch von Menschen in Anspruch genommen werden, die gar nicht im Bistum wohnen. Das Angebot ist kostenfrei und für alle Beraterinnen gilt die Schweigepflicht – genau so, wie im persönlichen Gespräch. Das Besondere bei der Online-Beratung ist, dass sie sogar komplett anonym stattfinden kann.

Wie läuft das ganz praktisch ab?

Auf einen Blick

  • Hier geht’s zur Online-Beratung: https://osnabrueck-efle-referat.lagbw.net
  • Voraussetzung für den Zugang ist eine Mail-Adresse.
  • Eine anonyme Beratung unter Angabe eines Pseudonyms ist möglich.
  • E-Mail-Beratung oder Chat-Beratung – beides ist möglich.
  • Das Angebot ist kostenfrei.
  • Es gilt die Schweigepflicht.
  • Eine Antwort auf die erste Anfrage erfolgt innerhalb von drei Werktagen.
  • Das Angebot richtet sich an alle Altersstufen.

Zu finden ist das Angebot über die efle-Internetseite. Dort gibt es einen Link zu unserem Beratungsportal. Man muss sich registrieren, dafür benötigt man eine E-Mail-Adresse, und dann kann die Beratung in einem geschützten, digitalen Raum stattfinden, in dem die persönlichen Daten sicher sind. Ratsuchende schreiben uns in einer kurzen Nachricht, worum es geht und dann melden wir uns innerhalb von drei Werktagen zurück. Danach findet die Beratung meist im wöchentlichen Rhythmus statt; wir haben feste Tage, an denen wir antworten. Diese schreiben wir unseren Ratsuchenden auch, damit sie wissen, wann sie mit unserer Antwort rechnen können. Neben dieser E-Mail-Beratung kann man auch einen Termin für eine Chat-Beratung vereinbaren, da geht es dann direkt hin und her mit den Fragen und Antworten, aber das wird bislang eher selten genutzt.

Kann man denn bei echten Krisen online beraten?

Ja. Durch die vergangenen Jahre mit Corona ist die Hemmschwelle der Leute gesunken, eine Online-Beratung wahrzunehmen; dennoch gibt es oft Bedenken und Vorurteile. Viele meinen: Beratung im Internet, das ist was Schnelles, Oberflächliches. Man verbindet das immer mit dem, was man im Internet so gewohnt ist: ständig online, massenhaft Informationen und Möglichkeiten, alles flüchtig. Aber wenn man sich damit befasst, dann stellt man fest: Mailberatung ist ja Schreiben und Schreiben ist Vertiefen. Das geht viel langsamer, als reden, da überlegt man viel länger zwischen dem Fragen und Antworten. Man ist dann ganz bei sich und so kommen manchmal auch Themen und Gedanken auf den Tisch, die man sich face to face vielleicht gar nicht trauen würde, anzusprechen.

Das ist also ein Unterschied zur Präsenzberatung?

Das könnte man so sagen. Es werden deutlich schneller schambesetzte Themen angesprochen, als in der Beratung vor Ort; wahrscheinlich melden sich gerade auch deswegen Leute auf diesem Wege. Ein weiterer wichtiger Faktor ist der zeitliche Aspekt. Erstens haben wir digital eine viel geringere Wartezeit: Die erste Antwort kommt spätestens nach drei Werktagen – das ist viel schneller, als die Beratungsstellen vor Ort sein können. Und zweitens ist unsere Online-Beratungsstelle quasi 24 Stunden am Tag geöffnet. Wenn da zum Beispiel eine alleinerziehende Mutter ist mit zwei Kindern und Job – wann soll die zu den normalen Öffnungszeiten in die Beratungsstelle kommen? Die kann aber abends um 22 Uhr eine Mail schreiben oder eine Mail von mir lesen. Und das allein kann schon hilfreich sein: Menschen, die eh schon in einem Strudel von Überforderung im Alltag sind, zwingen wir nicht in eine Struktur, die für sie einfach schwer zu realisieren ist.

Wie lange dauert eine Onlineberatung üblicherweise?

Weitere Infos

  • Die Online-Beratung der Ehe-, Familien-, Lebens- und Erziehungsberatung im Bistum Osnabrück gibt es seit knapp 20 Jahren. Seit Juni 2023 bieten drei speziell dafür ausgebildete Beraterinnen das Angebot nach einer längeren Pause wieder an. Hier geht’s zur Internetseite der efle und hier direkt zur Online-Beratung: https://osnabrueck-efle-referat.lagbw.net
  • Hilfe bei spirituellen Fragen bietet die Online-Seelsorge des Bistums Osnabrück.

Das ist ganz unterschiedlich. Wir erleben es oft, dass Leute eine Nachricht schreiben und wir antworten und dabei bleibt es dann. Das mussten wir als Beraterinnen auch erst lernen, dass die Online-Beratung in vielen Fällen kein Dialog ist, sondern ein sehr niedrigschwelliges digitales Präsenzangebot. Es bleibt offen, was die Leute damit machen, vielen reicht anscheinend schon dieses „Ich lese das und bin da“-Angebot. Es kommt auch vor, dass Menschen extrem lange Nachrichten schreiben, mehrfach in der Woche, manchmal sogar mehrere pro Tag. Wir können dann natürlich nicht auf alles eingehen, aber oft können wir entlasten, indem wir das erst einmal annehmen und dann in einem nächsten Schritt fragen: „Was ist wirklich wichtig?“ So entwickeln sich auch Gesprächsverläufe, die sich über mehrere Nachrichten erstrecken.