Orientierungspunkte für eine künftige Kirche

Die Kirche von Osnabrück stellt sich in Gegenwart und Zukunft zwei grundsätzlichen Fragen: der Frage nach ihrer Identität („Wer sind wir?“) und der Frage nach ihrer Relevanz („Wozu sind wir da?“).
Wir sind eine Gemeinschaft,
- die an den einen Gott glaubt, die frohe Botschaft Jesu Christi lebendig hält, in Tat und Wort bezeugt und auf das Wirken des Heiligen Geists vertraut;
- die aus biblischen Quellen Kraft, Inspiration und Weisung schöpft;
- die die Welt als gute Schöpfung und jeden Menschen als Kind Gottes versteht;
- die eine österliche Hoffnung hat und Zuversicht ausstrahlt, weil sie an Gottes Liebe und Zuwendung für alle Menschen glaubt;
- die sich mit dieser Hoffnung einsetzt für die Würde eines jeden Menschen, für Liebe, Glück und gelingendes Leben, für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung.
„Wir wollen eine missionarische Kirche sein, die Gott und den Menschen nahe ist. Deshalb gestalten wir unser Bistum im Zusammenleben mit den Menschen so, dass sie darin den Glauben als sinnstiftend und erfüllend, kritisch und befreiend erleben, sich in ihrer jeweiligen Lebenswirklichkeit angenommen wissen, ein Zuhause und Gemeinschaft finden“: Unsere Bistumsvision von 2004 ist bleibend gültig. Heute konkretisieren wir sie angesichts gegenwärtiger und zukünftiger Herausforderungen. Die folgenden Punkte bieten dafür Orientierung und priorisieren unser Handeln:
Das Evangelium authentisch bezeugen
Wir pflegen Spiritualität, stellen Möglichkeiten der geistlichen Erfrischung und Vergewisserung zur Verfügung und bieten Gemeinschaftserfahrungen an.
Wir befähigen Menschen, so über ihren Glauben zu sprechen, dass Spiritualität inklusiv und alltagsnah erfahren wird.
In Wort und Tat halten wir das Angebot des Glaubens wach.
Engagement und Gestaltungskompetenz fördern
Wir setzen auf ehrenamtliches Engagement auf allen Ebenen des Bistums, in Gemeinden, Einrichtungen und Verbänden. Durch Qualifikation und Fortbildung, Beauftragung und Begleitung werden Ehrenamtliche befähigt und berechtigt.
Wir fördern vielfältige Formen von Beteiligung. Wir ermöglichen, dass sich Menschen mit unterschiedlichen Rahmenbedingungen und Kapazitäten engagieren können.
Ziel ist, die Selbstwirksamkeit aller Getauften zu stärken.
Eine variantenreiche Pastoral ermöglichen
Wir setzen verstärkt auf pastorales Experimentieren und unterstützen Innovation. Wir fördern alltagsnahe Angebote und stärken eine Pastoral, die durch Präsenz wirkt.
Wir ermöglichen Menschen selbstbestimmte Grade der Teilhabe.
Wir lassen uns von Ansätzen aus der Weltkirche inspirieren.
Um vor Überforderung zu schützen, ermutigen wir zu exemplarischem Handeln und unterstützen Exnovation.
Die Lebensdienlichkeit der Seelsorge stärken
Wir verstehen Seelsorge als Sorge um den ganzen Menschen. Wir begleiten und beraten Menschen in allen Lebenssituationen. Im Krisenfall sind wir kompetent da. In unserem caritativen Auftrag sind wir der „Option für die Armen“ verpflichtet.
Wir bringen Menschen in Kontakt mit ihrem eigenen Lebensglauben. Viele vertrauen uns die Feier ihrer Lebenswendepunkte oder besonderer Momente an. Dafür stärken und erweitern wir unsere Ritualkompetenz
Wir feiern Liturgie lebensnah, zugewandt und einladend. So trägt sie zur Alltagsbewältigung bei und ermöglicht zugleich, Gott als Geheimnis zu erfahren.
Regionale Kirchenentwicklung stärken
Wir halten Kirche vor Ort lebendig, damit sie als Heimat erfahren werden kann.
Regionale Entscheidungen, die unter Kenntnis der Situation vor Ort und unter Beteiligung möglichst vieler getroffen werden, haben hohe Wirksamkeit.
Die Vielfalt von Kirchorten entdecken
Wir stärken kirchliche Einrichtungen für Bildung und Caritas als Kirchorte und nutzen sie in all ihren Potentialen. Sie sind wichtige Bezugspunkte für Menschen in ihrem Alltag oder in Notsituationen.
Wir suchen und schaffen neue kirchliche Orte und fördern digitale Glaubenskommunikation.
Dabei agieren wir zunehmend vernetzt und entlasten durch Profilbildung.
Die Ökumene der Kirchen, Religionen und aller Menschen guten Willens fördern
Wir suchen aktiv nach Synergien mit den Geschwisterkirchen, pflegen eine lebenspraktische Ökumene und halten offene theologische Fragen aus.
Wir begreifen christliche Zusammenarbeit als Querschnittsaufgabe und setzen in Zeiten schwindender Ressourcen auf stellvertretende Ökumene.
Wir setzen auf den Dialog der Religionen, um gemeinsam unsere Gesellschaft zu gestalten.
Wir suchen das Zusammenwirken mit allen Menschen in gemeinsamen Anliegen.
Aktiver Teil der Zivilgesellschaft sein
Wir bringen uns aktiv in die Gesellschaft ein und wirken am Gemeinwohl mit.
Wir nehmen die Bedürfnisse der Menschen im Sozialraum auf und arbeiten sachorientiert mit gesellschaftlichen und kulturellen Playern zusammen.
Die Internationalisierung von Kirche und Gesellschaft gestalten wir bewusst und konstruktiv mit.
Wir bieten aktiv und zugewandt unsere Kompetenzen, Hoffnungserzählungen und Werte an, stellen aber auch unsere kritische Stimme zur Verfügung.
Als Kirche spüren wir das Bruchstückhafte des gegenwärtigen Lebensgefühls. Das verbindet uns mit den Erfahrungen unserer Zeit und erleichtert die Begegnung mit unseren Mitmenschen. „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen dieser Zeit, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind Freude und Hoffnung, Trauer und Angst auch der Jünger Christi, und es findet sich nichts wahrhaft Menschliches, das nicht in ihrem Herzen widerhallte“ (Pastoralkonstitution „Gaudium et spes“ 1,1). Dieser Maßstab des 2. Vatikanischen Konzils behält seine Gültigkeit und bedarf zugleich einer beständigen Übersetzung in unser Heute.