Endlich Schulkind – was nun?
Die Schultüte ist gepackt, Tornister und Sportbeutel gekauft und die Aufregung ist groß: Der erste Schultag ist etwas gang Besonderes – für Kinder und auch für Eltern. „Mein Kind soll gerne zur Schule gehen und Spaß am Lernen haben“, das wünschen sich die meisten. Was Erwachsene zum Gelingen des ersten Schuljahres beitragen können, erklärt Manfred Holtermann, Psychologe beim Bistum Osnabrück.
Was tun, wenn ein Kind Angst vorm ersten Schultag hat?
Solche Gefühle vor unbekannten Situationen sind normal. Das geht Erwachsenen genauso. Dies dem Kind zu vermitteln, ist der erste Schritt. Außerdem sollten Eltern fragen: Wovor hast du konkret Angst? Dann Punkt für Punkt besprechen und unnötige Unsicherheit abbauen. Eltern können das Kind stärken: Du kannst schon so viel. Und deine Familie steht hinter dir.
Was sollten Erwachsene nicht sagen oder tun?
Der Hinweis auf den berühmten „Ernst des Lebens“ ist tabu. Das macht Angst. Auch die Wichtigkeit des Abschnitts für das ganze Leben zu betonen, ist übertrieben und verursacht Druck. Besser ist es, dem Kind Sicherheit zu geben. Ihm zu sagen: Die Schulzeit ist eine ganz normale Herausforderung für jedes Kind. Sie ist zu schaffen. Später sollte ein Vergleich mit anderen Kindern, die vermeintlich besser oder schneller sind, nicht sein. Jedes Kind hat sein eigenes Tempo, auch beim Lernen und Selbstständigwerden.
Wie können Erwachsene mit Kindern den Schulweg üben?
Eltern sollten den sichersten Weg suchen. Mit möglichst wenig Straßen, die zu überqueren sind. Der Schulweg muss geübt werden. Erst wenn das Kind ihn beherrscht, kann es lernen, ohne Begleitung zu gehen. In dieser Phase können Eltern ihm folgen und schauen, wie es zurechtkommt. Das Kind sollte wissen, dass es nie zu Fremden oder kaum bekannten Leuten ins Auto steigen oder mit diesen mitgehen darf. Hier darf es keine Ausnahme geben.
Was tun, damit der Spaß an der Schule bleibt?
Spaß macht Schule dann, wenn das Kind sich in seiner Klasse wohlfühlt und mit Mitschülern und Lehrern gut auskommt. Und natürlich auch, wenn es Erfolg hat – etwa erste Worte schreiben kann. Eltern können mit dazu beitragen. Denn eine gute Klassengemeinschaft wird auch durch eine engagierte Elternschaft erreicht. Wichtig: Das Kind mit Geduld begleiten und ohne falschen eigenen Ehrgeiz.
Können Eltern Kindern helfen, neue Freunde zu finden?
In der Regel loten Kinder schnell selber aus, wer für sie interessant ist und wer sich für sie interessiert. Dennoch können Eltern Kinder zu Freundschaften ermutigen. Sie sollten wissen, dass ihre Freunde zu Hause willkommen sind – zum Spielen oder zum Geburtstagsfest. Ein Kontaktbeschleuniger ist der Eintritt in einen Sportverein.
Was, wenn der Start nicht gut war, das Kind den Lehrer nicht leiden kann oder mit seinem Sitznachbarn unglücklich ist?
Der Umgang mit Frustration gehört zur menschlichen Entwicklung. Um zu prüfen, ob der erste Eindruck Bestand hat, eine Idee: Mit dem Kind einen Zeitrahmen und Kriterien vereinbaren. Etwa: Hat mich die Lehrerin heute drangenommen? Hat mich mein Sitznachbar angesprochen? Daran lässt sich erkennen, wie sich die Dinge tatsächlich entwickelt haben. Meistens zum Positiven.
Und wenn sich diese Gefühle nicht ändern?
Es ist wichtig, die unguten Gefühle des Kindes achtsam wahrzunehmen. Bei anhaltenden Schwierigkeiten sollten Gespräche mit der Schule geführt werden. Eltern können sich auch an Erziehungsberatungstellen wenden.
Wie können Eltern die Freude am Lernen fördern?
Durch eine liebevolle Begleitung ihrer Kinder. Eltern sollten bei Enttäuschungen trösten und ermutigen, bei Erfolgen und Fortschritten sich mitfreuen und den kindlichen Selbstwert stärken. Kinder, die ihren Körper zielgerichtet bewegen und das Gleichgewicht halten können, lernen einfacher. Daher ist Bewegung im Freien gut. Die Geschicklichkeit der Hände ist Voraussetzung fürs Schreiben. Also: zu Hause malen, bauen, basteln, kneten oder Mikado spielen. Das Sprachvermögen schulen Vorlesen, Singen oder auch sich gegenseitig Geschichten zu erzählen. Selbstständigkeit lässt sich einüben, indem das Kind, sein Zimmer aufräumt oder allein den Schulranzen packt.
Was fördert die Konzentration?
Gesellschaftsspiele aller Art. Zudem: darauf achten, dass das Kind bei den Hausaufgaben nicht durch PC, Fernseher, Radio oder laute Geschwisterkinder gestört wird.
Wie sieht ein gelungener Mittag und Nachmittag nach der Schule aus?
Weiterführende Informationen
Das Kind könnte von der Schule abgeholt werden, oder man geht ihm entgegen. Schon auf dem Weg kann es einen ersten Austausch über das Erlebte geben. Dabei ist es gut, sich Zeit zu nehmen und zuzuhören. Die Unterhaltung kann beim Mittagessen fortgesetzt werden. Nach dem Essen darf es noch eine kurze Entspannungsphase geben. Danach sollte Hausaufgabenzeit sein. Diese lästige, aber unerlässliche Pflicht sollte an einem festen Platz erledigt werden, zum Beispiel am Schreibtisch des Kindes. Für mögliche Fragen sollte die Bezugsperson erreichbar sein. Da das lange Stillsitzen vielen Kindern schwerfällt, ist es wichtig, nach den Hausaufgaben für ausreichend Bewegung zu sorgen. In dieser Zeit sind natürlich auch Verabredungen mit anderen Kindern wünschenswert. Die Phase der Freizeit sollte nicht zu häufig schon anders verplant sein mit Terminen des Kindes. Wenn beide Eltern arbeiten und das Kind bis nach den Hausaufgaben betreut wurde, ist es wichtig, eine Übergabezeit einzuplanen, bevor die Freizeit des Kindes beginnt.
Ist ein Schulkind in der Familie anders zu behandeln als ein Kindergartenkind?
Natürlich darf ein Schulkind auch im Familienalltag spüren, dass es kein Kindergartenkind mehr ist. So darf und sollte es zunehmend selbstständiger für den eigenen Bereich zuständig sein: fürs eigene Zimmer, den Schreibtisch, die Schultasche, Hausaufgaben und die Kleidung. Natürlich müssen die Eltern noch unterstützen, aber sie dürfen Verantwortlichkeiten zunehmend übertragen. Werden die Aufgaben gut geleistet, ist Lob und Anerkennung wichtig. Ebenso ist es aber auch erforderlich, dem Kind neue Rechte einzuräumen – insbesondere wenn Pflichten, wie kleine zusätzliche Aufgaben im Haushalt, hinzukommen. So könnte es regelmäßig Taschengeld geben, über das das Kind verfügen darf, oder andere Zubettgehzeiten am Wochenende.