Schutzprozess gegen sexualisierte Gewalt im Bistum Osnabrück entwickelt sich weiter
Neue Unabhängige Beauftragte stellt sich vor, neue Ordnung regelt für die Zukunft.
Die Kirchenrechtlerin Anne Mülhöfer ist neue Unabhängige Beauftragte im Schutzprozess gegen sexualisierte Gewalt und geistlichen Missbrauch im Bistum Osnabrück. Die 47-jährige Kirchenrechtlerin stellte sich heute (9. Oktober) im Rahmen eines Pressegesprächs vor. Über weitere Entwicklungen im diözesanen Schutzprozess berichteten Bischof Dominicus Meier OSB und die Sprecherin der Monitoring-Gruppe im diözesanen Schutzprozess, Barbara Havliza.
„Die Arbeit als Unabhängige Beauftragte im Schutzprozess ist eine wichtige Aufgabe“, so Anne Mülhöfer, die diese Stelle im Bistum Osnabrück erst vor wenigen Tagen, am 1. Oktober, angetreten hat. „Ich freue mich auf die Herausforderung hier in Osnabrück. Mich motiviert, dass ich an dieser Stelle dazu beitragen kann, den Umgang der Kirche mit Fällen sexualisierter Gewalt nachhaltig zu verbessern.“ Die 47-Jährige stammt gebürtig aus Wolken bei Koblenz und hat Theologie und Kirchenrecht unter anderem in Vallendar, Sankt Augustin, Rom und Münster studiert. Sie war nach einigen Jahren im europäischen Ausland und einer längeren Familienphase zuletzt knapp drei Jahre lang im Bistum Rottenburg-Stuttgart als geschäftsführende Referentin in der dortigen unabhängigen Aufarbeitungskommission für sexuellen Missbrauch tätig.
In der neuen Ordnung des Osnabrücker Schutzprozesses seien die Funktionen der Unabhängigen Beauftragten und der Ombudsperson jetzt dauerhaft etabliert, erläuterte Barbara Havliza als Sprecherin der Monitoring-Gruppe, die den Schutzprozess steuert. „Wichtig ist, dass deren sachliche und fachliche Unabhängigkeit festgeschrieben ist“, betonte sie. Die Ordnung beinhalte jetzt neu auch die Einrichtung einer „Gruppe Erinnerungskultur“ als festen Bestandteil im Schutzprozess. Deren Aufgabe sei die Entwicklung und dauerhafte Verankerung von angemessenen Formen des öffentlichen und internen Gedenkens an das Leid Betroffener sexualisierter Gewalt im kirchlichen Kontext.
Neu ist auch der Standort, den die Geschäftsstelle für den Schutzprozess vor kurzem bezogen hat: „Entfernt von der Bischöflichen Verwaltung und bürgernah in der Fußgängerzone in der Krahnstraße“, so Barbara Havliza. „Dort liegen gut zugänglich die großzügigen Büroräume für jeden, der ein Anliegen hat.“ Zudem sei die Geschäftsstelle durch eine Assistenz im Schutzprozess verstärkt: „Dr. Simon Haupt übernimmt als wissenschaftlicher Referent zur Unterstützung der Unabhängigen Beauftragten und des Ombudsmanns vielfältige Aufgaben.“
Der diözesane Schutzprozess im Bistum Osnabrück wurde bereits im Jahr 2019 ins Leben gerufen, um die Maßnahmen zur Aufarbeitung und Prävention gegen sexualisierte Gewalt und geistlichen Missbrauch zu bündeln und zu optimieren – insbesondere durch die Einbindung Betroffener und zahlreicher externer Fachleute in verschiedenen Arbeitsgruppen und der Steuerung. In seinem ersten Jahr als Bischof von Osnabrück habe er sich ein umfassendes Bild von der Arbeit im Schutzprozess machen können, so Bischof Dominicus Meier OSB: „Ich wurde sehr darin bestärkt, den eingeschlagenen Weg im diözesanen Schutzprozess unbedingt zu fördern und die weitere Entwicklung aktiv mitzugestalten.“ Zu den wichtigen Meilensteinen des Schutzprozesses bisher gehöre etwa, dass der Verfahrensablauf bei Bekanntwerden von Vorwürfen sexualisierter Gewalt im Bistum inzwischen klar geregelt sei. Betroffene würden so besser geschützt und Täter straf- und kirchenrechtlich zur Rechenschaft gezogen. Kein Fall könne mehr institutionell verschleiert werden, so der Bischof. Außerdem habe die Studie der Universität Osnabrück, im Frühjahr 2021 vom Bistum in Auftrag gegeben, einen wesentlichen Beitrag zur Aufarbeitung der Vergangenheit und zur Entwicklung eines besseren Umgangs mit sexualisierter Gewalt in Gegenwart und Zukunft geleistet.
Nachdem die Studie 2022 unter anderem erhebliche Defizite im früheren Umgang mit Betroffenen aufgezeigt hatte, sei deren Unterstützung deutlich verbessert worden, so Bischof Dominicus – nicht zuletzt durch die Einrichtung der Stelle der Ombudsperson.
Ebenfalls ausgeweitet wurde die Präventionsarbeit zu sexualisierter Gewalt. Die Präventionsstelle des Bistums organisiert jedes Jahr rund 100 Schulungen für mehrere Tausend haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitende in Kitas, Schulen und Kirchengemeinden.
„Mein Ziel ist es, das Erreichte zu verstetigen und gemeinsam mit den Engagierten im Schutzprozess gezielt weiterzuentwickeln“, so Bischof Dominicus. „Ich bin außerordentlich dankbar für das enorme Engagement, mit dem vor allem Betroffene und die externen Fachleute den Schutzprozess im Bistum Osnabrück in den vergangenen Jahren mit uns entwickelt haben“, so der Bischof. „Das war und ist für alle Beteiligten auch immer wieder mit schmerzhaften Erkenntnissen, kritischen Auseinandersetzungen und gemeinsamen Lernprozessen verbunden. Auch den Mitgliedern des Betroffenenrats Nord, der sich in diesen Tagen neu konstituiert, danke ich von Herzen! Ich sichere Ihnen meine Bereitschaft zu, auch künftig eng mit Ihnen zusammenzuarbeiten. Denn ich selbst habe mich als Bischof nun eingereiht in den gemeinsamen Lernprozess und will das meine dafür tun, dass der Schutzprozess in unserem Bistum auch künftig seine Wirkung entfaltet.“