Sophie Scholl – eine Kämpferin für die Würde des Menschen

Sophie Scholl Pilgerin der Hoffnung

Immer wieder werde ich bei meinen Besuchen in den Dekanaten unseres Bistums gefragt, was die weiße Rose in meinem bischöflichen Wappen bedeute.

Die heimische Heckenrose mit ihren fünf Herzblättern und der goldenen Mitte symbolisiert als Gabe und Aufgabe die Verbundenheit der Menschen mit Gott. Als „Weiße Rose“ ist sie für mich vor allem eine herausfordernde Erinnerung an das mutige Eintreten einer Gruppe von Studentinnen und Studenten im nationalsozialistischen Deutschland für das Recht und die Würde des Menschen. Zu dieser Gruppe gehörte auch Sophie Scholl. Sie wurde am  9. Mai 1921 in Forchtenberg geboren, machte Abitur und arbeitete in einem Kinderhort, bevor sie im Mai 1942 ihr Studium der Biologie und Philosophie an der Ludwig-Maximilians-Universität in München begann.

Sie erlebte in unserem Land Hass, Gewalt und das Verbot von Meinungsfreiheit. Als Mitglied der Widerstandsgruppe Weiße Rose erstellte und verteilte sie Flugblätter, die die Verbrechen der Nazis klar ansprachen und zum Widerstand aufriefen. Die Gestapo fahndete intensiv nach den Autoren dieser Flugblätter. Den Mitgliedern der Weißen Rose war klar, dass ihnen bei Entdeckung der Tod drohte. Am 18. Februar 1943 wurde Sophie Scholl gemeinsam mit ihrem Bruder Hans verhaftet. Weil sie für die Freiheit der Menschen eintrat, wurde sie des Hochverrats bezichtigt und vom Volksgerichtshof in München zum Tode verurteilt.

Über den Autor

Bischof Dominicus Meier OSB ist Mitglied des Benediktinerordens und leitet das Bistum Osnabrück seit September 2024. Im Heiligen Jahr 2025 stellt er als Blog-Autor regelmäßig Pilgerinnen und Pilger der Hoffnung vor.

Sophie ging furchtlos und erhobenen Hauptes ihrer Hinrichtung entgegen, so wird berichtet. Für sie bedeutete Gott Freiheit – eine Freiheit, für die sie ihr Leben einsetzte. Sie war der Überzeugung, dass Gesetze sich ändern mögen, das Gewissen aber bleiben müsse! Und so schrieb sie am Ende ihres jungen Lebens: „So ein herrlicher Tag, und ich soll gehen. Aber was liegt an unserem Leben, wenn wir es nicht damit schaffen, Tausende von Menschen aufzurütteln und wachzurütteln.“

Sophie Scholl: eine Pilgerin der Hoffnung?

Sich für die Freiheit einsetzen, ein klares Wort sprechen und diese Haltung auch durch Taten dokumentieren – das ist eine Aufgabe, vor die wir als Christen immer wieder gestellt sind. Was gilt uns das freie, offene Wort? Akzeptieren wir das freie Wort nur, wenn es uns und unseren Zielen dient? Oder lassen wir uns durch das Wort anderer hinterfragen und auch korrigieren?

Als Kirche von Osnabrück wollen wir für die Freiheit in Wort und Schrift eintreten und so die Demokratie in unserem Land stützen.

Als Kirche von Osnabrück wollen wir offen sein für berechtigte Kritik und unser Verhalten hinterfragen lassen.

Als Kirche von Osnabrück wollen wir für die Freiheit und die Rechte jedes Menschen eintreten.

Ein Kommentar zu “Sophie Scholl – eine Kämpferin für die Würde des Menschen

  1. Vielen Dank für die Ermutigung für Freiheit und Gleichwürdigkeit aller Menschen einzutreten – selbst wenn dies mit schwierigen Folgen, bis hin zum Verlust des eigenen Lebens verbunden ist.
    Widerstandskraft und Mut braucht einen Raum der Einübung, vor allem, wenn die Ursache der Unfreiheit strukturelle bzw. staatliche Gewalt ist. Immerhin erfolgte die Verurteilung von Sophie Scholl auf der Grundlage von § 5 Kriegssonderstrafordnung und § 91b StGB i.d.F. von 1939. Vorangegangen war eine zunehmende Kriminalisierung von Andersdenken und „minderwertigen“ Menschen und das Verbot von öffentlicher Betätigung von Parteimitgliedern, Gewerkschaftern, Jugendverbänden, christlichen Vereinen, christlichen Schulen u.v.m. in Form der „Gleichschaltung“.
    Diese erfolgte durch eine entsprechende Gesetzgebung und wurde von Verwaltungsbeamten und Richtern vollzogen und an Universitäten gelehrt.
    Wer nicht in das nationalsozialistische Bild passte, erhielt Berufsverbot und wurde zur Umerziehung in „Schutzhaft“ genommen. Diese Gewaltakte erfolgten alle durch Menschen, die politische Verantwortung trugen oder für eine Korrektur von fehlerhaften Staatsakten zuständig waren, insbesondere durch Richter und Staatsanwälte. Die schleichende Gleichschaltung durch die Gesetzgebung erfolgte so unbemerkt, dass dies nur wenigen Menschen überhaupt auffiel. Der ev. Pastor Martin Niemöller hat dies so formuliert:
    Als sie die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen, denn ich war ja kein Kommunist. Als sie die Gewerkschafter holten, habe ich geschwiegen, denn ich war ja kein Gewerkschafter. Als sie die Juden holten, habe ich geschwiegen, denn ich war ja kein Jude. Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte.
    Auch ich kenne Menschen, die während der Pandemie ohne Anklage in mehrmonatige Untersuchungshaft genommen wurden, weil sie den polizeilichen Platzverweisen nicht Folge geleistet haben, sich wegen erheblicher gesundheitlicher Risiken nicht impfen lassen wollten und deshalb ihren Arbeitsplatz verloren haben, die von Richter*innen und Verwaltungsmitarbeitenden diskriminiert werden, weil sie Sinti und Roma sind, die Gewalt erfahren, weil sie Frauen sind oder offen homosexuell leben… – ich vermisse hierzu deutliche Worte meiner Kirchenverantwortlichen gegen die schleichende gesetzliche Freiheitseinschränkung in unserem Land.
    Abschließend darf ich ein Wort aus dem Jakobusbrief zitieren, das sich Willi Graf 1933 als Richtschnur wählte “ Seid Gefolgschaft in der Tat, nicht nur im Hören des Wortes“ (Jak 1,22). Widerstand gegen strukturelle Gewalt ist für mich auch heute noch ein Hoffnungszeichen.

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