Steppenwolf sucht Anschluss

Wolf
Bild: unsplash.com, Marek Szturc

In jener Zeit kam ein Aussätziger zu Jesus und bat ihn um Hilfe; er fiel vor ihm auf die Knie und sagte: Wenn du willst, kannst du mich rein machen. Jesus hatte Mitleid mit ihm; er streckte die Hand aus, berührte ihn und sagte: Ich will – werde rein! Sogleich verschwand der Aussatz und der Mann war rein. Jesus schickte ihn weg, wies ihn streng an und sagte zu ihm: Sieh, dass du niemandem etwas sagst, sondern geh, zeig dich dem Priester und bring für deine Reinigung dar, was Mose festgesetzt hat – ihnen zum Zeugnis. Der Mann aber ging weg und verkündete bei jeder Gelegenheit, was geschehen war; er verbreitete die Geschichte, sodass sich Jesus in keiner Stadt mehr zeigen konnte; er hielt sich nur noch an einsamen Orten auf. Dennoch kamen die Leute von überallher zu ihm.

Markus 1, 40-45

 

Im Western ist er gerne gesehen: Der einsame Held und schweigsame Einzelgänger. Denn am Ende des Films verlässt er ja wieder die kleine Stadt und zieht seiner Wege nachdem er dort mit dem diensthabenden Bösewicht aufgeräumt hat. Dann ist der Held wieder allein und zieht als einzelner weiter.

Der Aussatz oder auch Lepra ist eine furchtbare Krankheit. Sie verstümmelt und entstellt den von ihr befallenden Menschen. Am Ende steht ein einsamer Tod. Denn mit dieser Krankheit geht Isolation, Ausgrenzung und somit der soziale Tod einher.

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Gerade dieser zweite Aspekt der Lepra beschäftigt auch die biblischen Autoren. Das äußere Krankheitsbild war ihnen zur Genüge bekannt, aber in den sozialen Folgen sahen sie auch ein Bild für das Dasein des Menschen an sich. Auch kannten sie sicherlich das Phänomen, dass sich ein einzelner oder eine soziale Gruppe von Menschen „wie Aussätzige behandelt“ fühlen.

Mir erscheint die Grenze fließend zu sein vom einsamen Reiter hin zum verjagten Ausgegrenzten. Vielleicht kaschiert auch mancher Einzelgänger seinen Ekel vor sich selbst mit der Rolle des heroischen Einzelgängers weil er sich von den „anderen“ nicht wie ein Aussätziger behandeln lassen will.

Peter Maffay hat diese Gefühlswelt in seinem Lied „Steppenwolf“ so besungen:

„Den andern war er viel zu anders
Und einfach zu kompliziert
Er blieb mittendrin immer draußen
Und fühlte sich nicht akzeptiert
Er baute sich Mauern aus Schweigen
Und trug eine Kapsel aus Glas
Er wollte es niemandem zeigen
Was er in der Stille besaß

Den andern war er viel zu anders
Ein lebender Putschversuch
Er blieb mittendrin immer draußen
Ein wandelndes rotes Tuch
So lebte er in seiner Spannung
Dem inneren Frieden fern
Er fühlte sich wie in Verbannung
Auf einem frierenden Stern.“

Ich lese im heutigen Evangelium die Zusage, dass der Mensch Jesus jeden Menschen akzeptiert, wie er ist. Sein Wunsch und Seufzer: „Ich will, dass Du ein heiles Leben führen kannst!“ schafft die nötige Freiheit, dass ich mich selber akzeptieren kann – mit meiner Lebensgeschichte, mit meinem Versagen und geplatzten Träumen. Und wenn schon der Mensch Jesus von Nazaret mir so zugewandt ist, dann darf ich das auch von dem kommenden Gott, dem Christus, erhoffen. Dieser Gott wird mich und meinen Lebensverlauf nicht verurteilen, weil er selber das „Ja“ zu allem ist.

Ein gereinigtes Leben führen, dass mich am Ende die Erfahrung machen lässt, mit mir selber im Reinen zu sein, ist ein großes Geschenk.
Jesus Christus bietet es mir an.

Pastor Michael Lier