Studie zur Aufarbeitung geistlichen Missbrauchs

Christliche Seelsorge und spirituelle Begleitung will Menschen dabei helfen, die befreiende Botschaft des Evangeliums zu erschließen. Führt sie stattdessen in Enge und Abhängigkeit, weil sie mithilfe biblischer Aussagen, theologischer Inhalte oder spiritueller Praktiken manipuliert und unter Druck setzt, können Menschen geistlichen Missbrauch erfahren.

Um sich dieser bislang wenig erforschten Form des Machtmissbrauchs in spirituellen Zusammenhängen wissenschaftlich zu nähern, hat das Bistum Osnabrück gemeinsam mit dem Bistum Münster, der Deutschen Bischofskonferenz und dem Orden der Thuiner Franziskanerinnen ein umfangreiches Forschungsprojekt beauftragt: Ein wissenschaftliches Team der Universität Münster unter der Leitung von Prof. Dr. Judith Könemann (Institut für Religionspädagogik und Pastoraltheologie) forscht zu Grundlagen und möglicher Prävention von geistlichem Missbrauch.

Aufruf an Betroffene

Die Universität Münster sucht für ihre Studie Betroffene von geistlichem Missbrauch. Vor allem ehemalige Mitglieder der Organisationen „Christusgemeinschaft“ und „Totus Tuus Neuevangelisierung“ bittet das Forschungsteam um Unterstützung. Betroffene und Angehörige können sich per E-Mail unter geistlicher.missbrauch@uni-muenster.de oder bei Juliana Osterholz unter der Telefonnummer 0251 83-30029 beziehungsweise bei Dr. Bernhard Frings unter der Telefonnummer 0251 83-24337 melden. Das Team ist auch per Post erreichbar: Prof. Dr. Judith Könemann, Robert-Koch-Straße 40, 48149 Münster.

Detaillierte Informationen zur Studie gibt es hier: https://www.uni-muenster.de/FB2/gm_projekt

Ziel der Studie ist es, auf Basis der Erfahrungen von Betroffenen, Interviews mit Zeitzeug*innen und Aktenanalyse grundlegende Faktoren zu ermitteln, die geistlichen Missbrauch begünstigen, und daraus Perspektiven für die Prävention zu entwickeln. Ein besonderer Fokus liegt auf der Untersuchung von geistlichem Missbrauch in geistlichen Gemeinschaften in den Bistümern Osnabrück und Münster.

Neben der Einbeziehung bereits vorliegender Erfahrungsberichte, etwa aus der Arbeit im diözesanen Schutzprozess gegen sexualisierte Gewalt und geistlichen Missbrauch im Bistum Osnabrück, werden mögliche Betroffene durch das Forschungsteam aufgerufen, sich an der Studie zu beteiligen. Begonnen wurde das Forschungsprojekts im Jahr 2023; Ergebnisse werden Ende 2026 erwartet.

Im Projekt werden sowohl theologische als auch soziologische Perspektiven berücksichtigt. Projektleiterin Könemann: „Dem geistlichen Missbrauch kommt – anders als der sexualisierten Gewalt – erst in jüngerer Zeit größere Aufmerksamkeit zu. Es handelt sich aber um ein nicht weniger gravierendes Phänomen, weil es, wenn auch auf andere Art, ebenso gewaltsam auf Betroffene einwirkt. Der Kontext Geistlicher Gemeinschaften scheint eine gewisse Affinität zu geistlichem Missbrauch aufzuweisen. Welche spezifischen Faktoren geistlichen Missbrauch ermöglichen und zu dessen Etablierung beitragen, ist genauer zu untersuchen. Dazu werden im Projekt auch zeit- und pastoralgeschichtliche sowie kontextspezifische Faktoren berücksichtigt.“

Detaillierte Informationen zur Studie gibt es hier:
https://www.uni-muenster.de/FB2/gm_projekt

Das Bistum Osnabrück hat im Rahmen seines diözesanen Schutzprozesses eine mit überwiegend externen Fachleuten besetzte Arbeitsgruppe zum geistlichen Missbrauch eingerichtet und unabhängige Ansprechpersonen für Betroffene benannt. Kontaktdaten und weitere Informationen dazu gibt es hier: bistum-osnabrueck.de/geistlicher-missbrauch.