Verabschiedung Weihbischof Kettmann
Weihbischof Theodor Kettmann ist am Sonntag, 24. November 2013, im Rahmen eines feierlichen Pontifikalamtes im Osnabrücker Dom und mit einem anschließenden Festakt offiziell aus seinem Amt verabschiedet worden. Vor zwei Jahren hatte der Papst Kettmanns Rücktrittsgesuch angenommen. Seit September ist sein Nachfolger, Johannes Wübbe, im Amt. Auf Wunsch von Bischof Franz-Josef Bode hatte Kettmann seinen Dienst im Bistum Osnabrück bis zur Amtsübernahme seines Nachfolgers weitergeführt.
Kettmann sei immer ein den Menschen zugewandter Bischof gewesen, betonte Bischof Bode in seiner Predigt. In seiner bodenständigen und humorvollen Art, seiner menschlichen und menschenfreundlichen Weise werde er von den Menschen geachtet. Vor allem als Beauftragter des Bistums für den Bereich Caritas und Soziale Dienste habe er „ein Herz für die Nöte der Menschen“ gezeigt, unterstrich Bode und wies auf seinen vielfältigen Einsatz hin, beispielsweise in der Aus- und Fortbildung der Ständigen Diakone, bei Gemeindevisitationen und Firmungen oder in der Deutschen Bischofskonferenz in den Kommissionen für „Ehe und Familie“ und „Caritas“. Er sei stets ein guter Hirte für die ihm Anvertrauten gewesen. „Was zum Aufbau der Gemeinde beiträgt, lag Dir immer am Herzen“, betonte Bode unter Hinweis auf den bischöflichen Wahlspruch von Kettmann: „Lasst uns nach dem streben, was zum Aufbau der Gemeinde beiträgt.“
Nach über 30 Jahren im Bischofsdienst ist die Verabschiedung für Weihbischof Kettmann jetzt Anlass, zurückzublicken und sich auch über die Zukunft Gedanken zu machen.
Weihbischof Kettmann, erinnern Sie sich noch an den Moment, als Sie zum Weihbischof ernannt wurden?
Natürlich. Ich war schon zwölf Jahre Kaplan und wartete darauf, zum Pfarrer ernannt zu werden. Am 23. November 1978 musste ich zu Bischof Helmut Hermann Wittler kommen. Ich dachte zunächst, es habe mit dem Kirchenboten zu tun. Ich war damals Geistlicher Beirat, und immer, wenn dem Bischof etwas in der Zeitung nicht passte, wurde ich eingeschaltet. Also habe ich mir die letzte Ausgabe aufmerksam angesehen, bevor ich zu ihm ging. Er sagte zu mir: „Sie wollen gerne Pfarrer werden?“ Ich sagte: „Sehr gerne.“ – „Ja, was ist denn, wenn ein anderer Sie versetzt? Wir brauchen ja noch einen Weihbischof.“ So kam das ins Rollen. Alle waren natürlich völlig überrascht – und ich war völlig sprachlos.
Bei Ihrer Ernennung waren Sie gerade 40 Jahre alt geworden. Welche Erwartungen wurden an einen so jungen Weihbischof gerichtet?
Die Ernennungsurkunde ist tatsächlich am 27. November 1978 unterzeichnet worden, dem Tag meines 40. Geburtstags. Das ist mir erst später aufgefallen. Eine Erwartung bestand vor allem darin, dass ich versuche, die Jugend anzusprechen. Ein Jahr später haben wir im Rahmen des Bistumsjubiläums die erste Jugendwallfahrt nach Lourdes unternommen. Das war ein großes Risiko, denn wir wussten nicht, wie das geht, mit so jungen Leuten an diesem Wallfahrtsort. Aber das war eine sehr positive Erfahrung, um die 500 Teilnehmer waren mit. Später ging es dann auch nach Rom und nach Tschenstochau.
Sehr viele Menschen loben Sie dafür, dass Sie in Ihren über 30 Bischofsjahren doch auch immer einfach der Theo Kettmann geblieben sind …
…und das war gar nicht so leicht. Wenn sich ein Bischof nicht ständig darum bemüht, Menschen nahe zu sein und Kontakt zu ihnen zu haben, Beziehungen zu pflegen, dann ist er schnell dort, wo die Menschen glauben, dass er ist: abgehoben. Damit sich das tatsächlich so entwickelt, muss gar kein böser Wille vorhanden sein. Wenn einem von außen ständig signalisiert wird, etwas „Besonderes“ zu sein, muss man sehr aufpassen, dass man es nicht eines Tages selber glaubt.
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Hier lesen Sie mehr zu Weihbischof Johannes Wübbe, dem Nachfolger von Theodor Kettmann.
Als Bischof stehen Sie aber immer in herausragender Stellung, Sie werden gefahren, Sie werden bei Terminen bedient, Sie sind der Ehrengast und sitzen in der ersten Reihe. Was hilft, unter diesen Umständen nicht abzuheben?
Es hat mir geholfen, dass ich mir gesagt habe, diese Menschen sind nicht für mich da, sondern ich bin für sie da. Und ich habe immer versucht, den Dienst am Ganzen, den Dienst an der Einheit und am Zusammenhalt, ernst zu nehmen. Und ich habe versucht, viel Kontakt zu normalen Menschen zu behalten, nicht nur in kirchlichen Kreisen zu verkehren. So habe ich immer gemerkt, wie die Menschen im Alltag denken und leben.
Als Priester erwarten die Gläubigen von Ihnen, dass Sie in Glaubensfragen ein Vorbild sind. Wie oft haben Sie denn im Leben gezweifelt, dass es Gott gibt?
Ich war Kaplan in Osnabrück, als meine Mutter 1970 mit 72 Jahren starb. Bis dahin hatte ich schon viele schöne Predigten gehalten über Tod und Auferstehung und neues Leben. Aber jetzt lag tatsächlich „mein eigen Fleisch und Blut“ im Grab. Damals habe ich mich gefragt, wo dieser Mensch jetzt ist. Das geht mir eigentlich bei Beerdigungen bis heute so. Jeder Mensch, der nachdenkt und empfindet, wird solche Fragen haben. Ich beschäftige mich auch viel mit der Gottesfrage und dem unübersehbaren Leid im Leben vieler Menschen und in der Welt. Der Mainzer Kardinal Hermann Volk hat immer gesagt, für jeden Menschen komme einmal die Frage, ob er im Leben und im Sterben wirklich alles auf Gott setzt. Ich hoffe, dass ich das kann; aber das Entscheidende kommt noch auf mich zu.
Also ist der Glaube nicht fertig …
Ja, für mich ist er nie fertig. Ich möchte immer noch mehr erfahren und entdecken. Wenn der Mensch nicht sucht, findet er nichts. Das gilt für uns alle.
Von der Aufgabe als Kaplan wurden Sie zum Bischofsamt berufen, sind also nie Pfarrer gewesen, haben nie eine Gemeinde geleitet. Haben Sie da etwas verpasst?
Da habe ich tatsächlich etwas verpasst. Dabei hatte ich das immer als mein Ziel angesehen. Wenn ich zu einer Firmung komme, finde ich es immer faszinierend, wenn ein Pfarrer sagt: „Diese Jugendlichen heute, habe ich alle schon getauft.“ Menschen zu begleiten, hat mir immer gefehlt. Jetzt im Ruhstand werde ich in Osnabrück in einer großen Pfarreiengemeinschaft und in einer caritativen Einrichtung ein Stück mitleben mit Gottesdiensten, mit Predigten, Gesprächen und mit allem, was so anliegt.
Apropos Predigt: Wie oft haben Sie denn bei Firmgottesdiensten sich selbst kopiert?
Das habe ich nie gemacht. Natürlich muss man bei einer Firmung bestimmte Gedanken wiedergeben. Aber ich habe versucht, jede Predigt auf die jeweilige Gemeinde abzustimmen. Auch, wenn ich zum wiederholten Mal in die Gemeinde kam.
Was waren Ihre schwersten Stunden als Weihbischof?
Schwer war die Teilung des Bistums. Das war ja nicht nur eine geografische Angelegenheit, sondern es ging auch um menschliche Kontakte. Wir hatten immer ein großes Zusammengehörigkeitsgefühl. Dann natürlich der schon erwähnte Ausstieg aus der Schwangerschaftskonfliktberatung. Und schließlich die Erfahrung, dass es uns als Caritas unmöglich ist, die Not so vieler Menschen dauerhaft zu lindern. Dabei meine ich jetzt nicht nur die materielle Armut. Zu den schwer verkraftbaren Erfahrungen gehört auch und vor allem das Wegbleiben besonders der jungen Menschen in den Gemeinden.
Und was war besonders angenehm?
Da sind ein paar große Dinge zu nennen: Wunderbar war das Jahr 1980, als wir 1200 Jahre Bistum gefeiert haben. Aus allen Dekanaten kamen Wallfahrten nach Osnabrück. Und dann kam ja völlig überraschend der Papst. Im Juli 1980 wurde das entschieden, im November war er hier. Das war eine außergewöhnliche Zeit. Der Besuch war nicht nur ein großartiges Ereignis, der Papst hat auch über wichtige Inhalte gesprochen. Es ging darum, wie wir von einer Volkskirche mehr und mehr zu einer Art Entscheidungskirche werden können. Bewegend war für mich die erste Begegnung mit den ostdeutschen Bischöfen nach dem Fall der Mauer und das Heilige Jahr 2000. Positive Erfahrungen liegen für mich aber auch im Kleinen: Wo ich einzelnen Menschen begegnet bin, Jugendgruppen und Firmlingen, wo oft eine große Tiefe entstanden ist, weil es einen ehrlichen Austausch gab. Insgesamt hat mir der bischöfliche Dienst große Freude gemacht.