Verliert das Ziel nicht aus dem Blick

Fernglas vor der Kulisse einer Stadt
Bild: unsplash.com, Amanda Dalbjorn

In jener Zeit suchte der Herr zweiundsiebzig andere aus und sandte sie zu zweit vor sich her in alle Städte und Ortschaften, in die er selbst gehen wollte. Er sagte zu ihnen: Die Ernte ist groß, aber es gibt nur wenig Arbeiter. Bittet also den Herrn der Ernte, Arbeiter für seine Ernte auszusenden! Geht! Siehe, ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe. Nehmt keinen Geldbeutel mit, keine Vorratstasche und keine Schuhe! Grüßt niemanden auf dem Weg! Wenn ihr in ein Haus kommt, so sagt als Erstes: Friede diesem Haus! Und wenn dort ein Sohn des Friedens wohnt, wird euer Friede auf ihm ruhen; andernfalls wird er zu euch zurückkehren. Bleibt in diesem Haus, esst und trinkt, was man euch anbietet; denn wer arbeitet, ist seines Lohnes wert. Zieht nicht von einem Haus in ein anderes! Wenn ihr in eine Stadt kommt und man euch aufnimmt, so esst, was man euch vorsetzt. Heilt die Kranken, die dort sind, und sagt ihnen: Das Reich Gottes ist euch nahe! Wenn ihr aber in eine Stadt kommt, in der man euch nicht aufnimmt, dann geht auf die Straße hinaus und ruft: Selbst den Staub eurer Stadt, der an unseren Füßen klebt, lassen wir euch zurück; doch das sollt ihr wissen: Das Reich Gottes ist nahe. Ich sage euch: Sodom wird es an jenem Tag erträglicher ergehen als dieser Stadt. Die Zweiundsiebzig kehrten zurück und sagten voller Freude: Herr, sogar die Dämonen sind uns in deinem Namen untertan. Da sagte er zu ihnen: Ich sah den Satan wie einen Blitz aus dem Himmel fallen. Siehe, ich habe euch die Vollmacht gegeben, auf Schlangen und Skorpione zu treten und über die ganze Macht des Feindes. Nichts wird euch schaden können. Doch freut euch nicht darüber, dass euch die Geister gehorchen, sondern freut euch darüber, dass eure Namen im Himmel verzeichnet sind!

Lukas 10, 1–12.17–20

 

Was ist Jesus nur für ein seltsamer „Arbeitgeber“: Seinen Leuten, die mit ihm und für ihn die Botschaft vom Reich Gottes verkünden und in die Tat umsetzen sollen, stellt er keine guten Arbeitsbedingungen in Aussicht. Der Auftrag ist offensichtlich gefährlich, und doch sollen die Jünger nichts für ihre eigene Sicherheit mitnehmen. Wen wundert‘s, dass Jesus nicht genügend Arbeiter hat – bei solchen Zukunftsaussichten.

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Dennoch machen sich die Jünger auf den Weg. Sie reden vom Reich Gottes, heilen die Kranken und sind dabei offensichtlich sehr erfolgreich. Begeistert kommen sie nach getaner Arbeit zurück und berichten: „Herr, sogar die Dämonen sind uns in deinem Namen untertan.“ Das muss für die Jünger eine irre Erfahrung gewesen sein. So machtvoll wirken zu können. Und Jesus müsste sich doch mit ihnen freuen und ihnen seine Wertschätzung zeigen. So macht das doch ein guter Arbeitgeber, der seine Mitarbeiter motivieren will. Doch Jesus reagiert ganz anders als es die Jünger erwarten: Er teilt ihre Freude nicht, kein anerkennendes Wort kommt über seine Lippen – nur eine kritische Feststellung: „Ich sah den Satan wie einen Blitz aus dem Himmel fallen.“ Und darauf folgt dann auch noch eine Mahnung: „Freut euch nicht darüber, dass euch die Geister gehorchen, sondern freut euch darüber, dass eure Namen im Himmel verzeichnet sind!“

Jesus hat seine Jünger mit besonderen Kräften ausgestattet, so dass sie in seinem Namen Gutes tun und Gottes Reich erlebbar machen können, aber diese besondere Kraft ist kein Grund zum Jubel oder gar zum Stolz. Diese Vollmacht – auch wenn sie für die Menschen und zu ihrem Besten eingesetzt wird – kann zur Versuchung werden, mehr auf das eigene Ansehen, den Einfluss, die eigene Macht zu achten und dabei das Ziel, den Auftrag Jesu aus dem Blick zu verlieren. Darum erinnert Jesus die Jünger: Nicht ihre besonderen Heil- und Wunderkräfte sind Grund zur Freude, sondern ihre Verbundenheit mit Gott. Das Wissen darum, auf Gott angewiesen zu sein, kann die Fixierung auf die eigene Macht verhindern und ermöglicht, den Anderen auf Augenhöhe zu begegnen.

Lucia Zimmer, Pastoralreferentin