Verschiedene Talente unter einem Dach
Die Bremer St.-Johannis-Schule vereint mehrere Schulformen. Die Schüler werden nach ihren Möglichkeiten ganz individuell gefördert. Immerhin über 1000 Kinder und Jugendliche.
Heute ist ein Regentag. Kaum ein Kind der Bremer St.-Johannis-Schule hat Lust, die große Pause an der frischen Luft zu verbringen. Nur ein paar Unentwegte kicken auf dem kleinen Schulhof im Schatten der Propsteikirche St. Johann. Macht aber nichts, drinnen gibt es auch genug Abwechslung. Wer die St.-Johannis-Schule besucht, kann von der Berufsbildungsreife bis zum Abitur alle allgemeinbildenden Schulabschlüsse erwerben, denn hier sind die Oberschule und das Gymnasium vereint. Das war nicht immer so. Bis vor gut zehn Jahren gab es im Gymnasium keine Oberstufe. Um Abitur zu machen, musste man auf staatliche Einrichtungen wechseln. „Wir hatten das Gefühl, dass die Schule ausblutet“, sagt Anette Kieslich, heute Schulleiterin. Der damalige Propst Ansgar Lüttel setzte sich dafür ein, dass die Abschlussklassen eingeführt wurden.
Und weil das Land Bremen einverstanden war, konnten 2008 die ersten jungen Erwachsenen das Abitur an der St.-Johannis-Schule ablegen. Doch Abiturienten sucht man im Gebäude in der Dechanatstraße, wo die Schulleitung ihre Büros hat, vergebens. Heute strömen vor allem Fünft- und Sechstklässler der Cafeteria zu, stellen sich in die Schlange und warten mehr oder weniger geduldig, bis sie an der Reihe sind, um Brötchen oder Snacks zum Frühstück zu kaufen.
Verantwortung lernen
Zwar sind Oberschule und Gymnasium bei der St.-Johannis-Schule unter einem Dach, aber doch nicht in einem Gebäude. Gleich gegenüber dem Eingang zur Dechanatstraße, wo die meisten Oberschüler schulisch gesehen zu Hause sind, liegt das alte Postgebäude. Als die Pläne für die Oberstufe reiften, bot sich das leerstehende Haus an, in dem heute vor allem ältere Gymnasiasten unterrichtet werden. Ein paar Schritte weiter in der Hohen Straße gibt es einen weiteren Standort. 1.080 Schülerinnen und Schüler besuchen die Klassen der St.-Johannis-Schule, rund 640 sind Gymnasiasten, etwa 440 Oberschüler. Wer in die fünfte Klasse des Gymnasiums einsteigt, kann das Abitur in acht Jahren schaffen. Wer nach der zehnten Klasse aus der Oberschule in den Gymnasialzweig wechselt, hat ein Jahr mehr Zeit.
Weitere Infos
Die Schulstiftung im Bistum Osnabrück ist Trägerin von fünf Grundschulen und zwölf weiterführenden Schulen mit fast 11.000 Schülern, 800 Lehrkräften und 200 weiteren Mitarbeitern. Jede Schule ist dazu aufgerufen, zum Wohl der Schüler aus dem christlichen Menschenbild ein eigenes Profil aufzubauen – etwa mit Schwerpunkten in Musik, Kunst, Berufsorientierung oder einer internationalen Ausrichtung. Hier geht’s zur Internetseite der Schulstiftung.
Was macht eine kirchliche Schule aus? Eine Frage, die Anette Kieslich oft hört. Natürlich geht es erst einmal darum, den Schülern einen staatlich anerkannten Schulabschluss zu ermöglichen. Zugleich soll ihnen aber vermittelt werden, dass sie nicht allein sind auf der Welt. „Christsein muss mit der Bereitschaft verbunden sein, soziale Verantwortung zu übernehmen“, steht in den Leitlinien der Schule. Deshalb sammeln die Zehntklässler für zwei Wochen Erfahrungen in einer sozialen Einrichtung, deshalb engagiert sich die Schule seit über 40 Jahren für Projekte in Burkina Faso. Vor dem Büro von Jörn Friedrich, einem der drei Hausmeister, sammeln sich ein paar Schüler und stöbern in einer Kiste mit der Aufschrift „Fundsachen“. Offenbar erfolglos ziehen sie davon. „Mir geht es wie allen anderen hier“, sagt der Hausmeister, der ein blaues T-Shirt trägt mit der Aufschrift „St.-Johannis-Schule“: „Ich arbeite unheimlich gerne hier.“ Die Räume sind gepflegt. „Ich bin froh, dass die Schulstiftung des Bistums in den vergangenen Jahren dafür gesorgt hat, dass an vielen Stellen saniert wurde“, sagt Anette Kieslich. Jetzt müsse das nur noch in der Hohen Straße passieren, aber damit sei bald zu rechnen.
Anette Kieslich hat als Schulleiterin die Gesamtverantwortung. Oberschule und Gymnasium haben zusätzlich noch jeweils einen Leiter. Susanne Zahn leitet das Gymnasium, Peter Mantl die Oberschule. Dass mit Jörg Menke ein Schulsozialarbeiter tätig ist, freut Anette Kieslich besonders: „Sein Einsatz ist für uns Lehrkräfte eine große Entlastung.“ Zum Schulalltag gehören auch Kooperationen mit der Kunsthalle, dem Wissenschaftsmuseum „Universum“ oder Werder Bremen, bei der Berufsorientierung mit der Deutschen Bahn und Mercedes. St. Johannis ist ausgezeichnet als „Schule ohne Rassismus“ und anerkannt als MINT-Schule, in der die naturwissenschaftlichen Fächer und Mathematik besondere Bedeutung haben.
Die Sportler sind viel unterwegs
Trotz der guten Ausstattung der Schule bleiben natürlich Wünsche, deren Umsetzung Anette Kieslich aber selbst in Frage stellt. Es existiert nur eine kleine Sporthalle, deshalb wurden andernorts Räumlichkeiten angemietet. Schüler und Lehrer sind für den Sportunterricht also viel unterwegs. Die Pausenhöfe sind klein, in der Hohen Straße gibt es sogar einen auf dem Dach – geschuldet der Innenstadtlage. „Das können wir ja nicht ändern“, sagt Schulleiterin Kieslich, „dafür bringt die Lage andere Vorteile.“ Aber dann bleibt noch der Wunsch nach einem großen Versammlungsraum. Der Willehadsaal im alten Postgebäude, den die Schule benutzt, bietet nur Platz für 120 Gäste. Da wäre ja noch der Innenhof – Anette Kieslich kommt ins Schwärmen: „Wenn der überdacht wäre …“.