Vorbilder, die nach dem Glauben leben
Sorgt euch um nichts, sondern bringt in jeder Lage betend und flehend eure Bitten mit Dank vor Gott! Und der Friede Gottes, der alles Verstehen übersteigt, wird eure Herzen und eure Gedanken in Christus Jesus bewahren. Im Übrigen, Brüder und Schwestern: Was immer wahrhaft, edel, recht, was lauter, liebenswert, ansprechend ist, was Tugend heißt und lobenswert ist, darauf seid bedacht! Und was ihr gelernt und angenommen, gehört und an mir gesehen habt, das tut! Und der Gott des Friedens wird mit euch sein.
Philipper 4,6-9
Seit einiger Zeit beschäftigt mich eine Frage: Wenn man durchaus christliche Werte äußert, sie aber nicht in Verbindung mit Jesus oder Gott benennt, sind die dann genauso wirksam?
Ich bin auf verschiedenen Seiten im Social Media Bereich unterwegs und folge diversen Influencer*innen, die von ihrem Alltag in ihren Familien oder sonst was erzählen. Nichts explizit religiöses oder christliches, was da Thema ist, aber hin und wieder kommen da sehr einfühlsame Beiträge, in denen diese Influencer*innen Dinge sagen, wie: Es ist okay, wenn du als Mama auch einfach mal fertig bist und Pause brauchst. Oder: Lass dich nicht verbiegen und von anderen irritieren – du bist okay, genau so, wie du bist. In diesen Sätzen steckt, wie ich finde, durchaus christliches Potenzial.
Das Bibelfenster
Hier kommentieren jede Woche Menschen aus dem Bistum Osnabrück eine Bibelstelle aus einer der aktuellen Sonntagslesungen – pointiert, modern und vor allem ganz persönlich.
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Solche oder ähnliche Sätze habe ich auch schon in Gottesdiensten geäußert, dann aber meist in Bezug auf Gott: Gott selbst wusste, dass es okay und gut ist, mal Pause zu machen, schließlich hat er selbst am siebten Tag geruht. Oder in einem gern gesungenen Lied heißt es z.B. „Du bist gewollt, kein Kind des Zufalls, keine Laune der Natur … Du bist ein Gedanke Gottes, ein genialer noch dazu. Du bist du, das ist der Clou.“ Und dann habe ich mich gefragt: Wenn die nicht religiös-motivierten Influencer*innen Teile unserer christlichen Botschaft ohne den direkten Background verkünden, brauchen wir dann denn überhaupt noch Gott oder Religion? Und wenn ja, was macht den Unterschied?
Die zweite Lesung des heutigen Tages hat mich an diese Frage erinnert.
Paulus beschreibt, wie die Menschen in der Gemeinde Philíppi miteinander leben sollen. Und er bringt es in Verbindung mit Gott. Wenn Paulus das nicht getan hätte – hätten seine Adressaten dann wirklich gewusst, wie das gemeint ist?
Wenn einfach ein*e Influencer*in behauptet, dass ich mit meinen Fehlern und Schwächen okay bin, was ist dann, wenn jemand anderes das Gegenteil behauptet, z. B. um mich weiter anzutreiben? Stünde dann Aussage gegen Aussage, und ich glaube dann der oder dem Überzeugenderen oder das, was mir gerade besser auskommt? Und woher nehmen sie überhaupt diese Aussagen? Reine Menschlichkeit oder Intuition? Einfach nach Gefühl? Sind Werte dann willkürlich?
Für mich haben solche Aussagen, wenn sie mit Gott in Verbindung gebracht werden, eine andere Autorität oder Legitimation. Ich bin allerdings auch gläubig …
Ich glaube, wir brauchen auch heute noch Vorbilder, die nach dem Glauben leben. Menschen, die die christlichen Werte leben, aber eben auch erzählen, woher sie diese haben. Und auch wenn ich es toll finde, wenn solche Werte ganz menschlich kommuniziert werden, denke ich, dass sie ein stabileres Fundament haben, wenn sie sich auf Gott oder Jesus beziehen oder an deren Texte rückgebunden sind.
Pastoralreferentin Eva Schumacher