Was des Kaisers ist
In jener Zeit kamen die Pharisäer zusammen und beschlossen, Jesus mit einer Frage eine Falle zu stellen.
Sie veranlassten ihre Jünger, zusammen mit den Anhängern des Herodes zu ihm zu gehen und zu sagen:
„Meister, wir wissen, dass du die Wahrheit sagst und wahrhaftig den Weg Gottes lehrst und auf niemanden Rücksicht nimmst, denn du siehst nicht auf die Person. Sag uns also: Was meinst du? Ist es erlaubt, dem Kaiser Steuer zu zahlen, oder nicht?“ Jesus aber erkannte ihre böse Absicht und sagte: „Ihr Heuchler, warum versucht ihr mich? Zeigt mir die Münze, mit der ihr eure Steuern bezahlt!“ Da hielten sie ihm einen Denár hin. Er fragte sie: „Wessen Bild und Aufschrift ist das?“ Sie antworteten ihm: „des Kaisers.“ Darauf sagte er zu ihnen: „So gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört!“Matthäus 22, 15-21
Zwei Männer, die sich nie im Leben begegnet sind: Tiberius Claudius Nero (gestorben 37 nach Christus) und Jesus von Nazaret (gestorben 30 nach Christus). Der eine ist Kaiser in Rom und Herrscher über ein riesiges Imperium. Der andere ein wandernder Prediger, im Erstberuf Bauhandwerker. Der eine wohnhaft in Rom, der andere ohne festen Wohnsitz im Gebiet von Galiläa und Judäa, in zwei entlegenen römischen Provinzen. Der eine wohnt im Nabel der Welt, der andere … nun … er wirkt am Ende derselben.
Die Frage, die Jesus in der Erzählung nach Matthäus kontert, ist eine hoch politische. Man will ihn festnageln: „Mit wem hältst du es?“ Es gibt und gab zu allen Zeiten Menschen, die sich für die „Partei Gottes“ halten und dementsprechend Druck ausüben. Jesus lässt sich nicht aufs Glatteis führen. Mit einer gewissen Schlitzohrigkeit und Bauernschläue manövriert er die Politprofis und Religionsgelehrten aus.
Es ist derselbe Jesus, der in der Bergpredigt nach Lesart des Matthäus nichts besitzt, die Armen selig preist und Menschen ermutigt, jeden Tag neu allein Gott die Sorge für das eigene Dasein anzuvertrauen.
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Und Jesus scheint mit einem Augenzwinkern zu sagen: „Nun gut, wenn der große Meister in Rom rundes Metall mit seinem Namen und Bild unter das Volk bringen lässt, dann darf er es auch wieder einsammeln. Ist ja seins. Und wenn es ihn glücklich macht – ja, dann in Gottes Namen.“
Aber der Nachsatz dieser Bibelstelle zeigt, dass es Jesus sehr ernst meint in dieser Sache: „Missbraucht Gott nicht für eure Zwecke! Und wären sie noch so von nationaler, politischer oder gar religiöser Bedeutung.“ Das sei auch heute allen ins Stammbuch geschrieben, die mit Fundamentalismus und Intoleranz engagierte und kompromissfähige Politik aus christlicher Verantwortung diffamieren.
Jesus lebt vor, wie Gott wirklich geehrt wird: In der Zuwendung zum Ausgeschlossenen, im Vertrauen darauf, dass dieser Gott seine neue Welt auf jeden Fall durchsetzen wird und im Glauben, dass ich von ihm geliebt bin – ohne Vorleistung, bedingungslos und trotz meines häufigen Versagens. Alles andere ist nebensächlich.
Pastor Michael Lier