Was willst du einmal werden?
Vielleicht ist Ihnen auch schon einmal diese Frage gestellt worden, gerade auch, als Sie noch ein Kind waren. Wissen Sie noch, was Sie geantwortet haben? Und ist aus einer der Antworten auch tatsächlich Ihr Beruf geworden?
Ich nehme heute oft wahr, dass es jungen Menschen gar nicht so leicht fällt, sich für ein bestimmtes Studium oder eine Ausbildung zu entscheiden. Zum einen erleben sie diese Phase der Orientierung als eine Phase mit vielen Chancen, aber oft auch als eine Phase großer Unsicherheit: „Wer will ich sein? Wofür will ich meine Energie einsetzen?“ Wenn sich junge Menschen diesen Fragen stellen, verbindet sich dies letztlich mit der Suche nach einem sinnvollen, erfüllten Leben.
Auf der Jugendsynode im letzten Oktober hat Papst Franziskus gerade uns Verantwortliche in der Kirche herausgefordert, Antworten und Konzepte zu entwickeln, wie wir da jungen Menschen zur Seite stehen können. Ihm ist dabei vor allem eine hörende Grundhaltung wichtig, damit Jugendliche und junge Erwachsene am Ende Antworten finden, die wirklich die ihren sind, die ihnen nicht von anderen vorgegeben oder gar aufgedrückt werden.
Über den Autor
Johannes Wübbe ist Weihbischof in unserem Bistum. Auf wen er in seinem Alltag trifft und was ihn bewegt – wir werden das in seinen Blogbeiträgen verfolgen.
Bei meinem Vater war das noch anders; er erzählte mir, da wurde einfach von den Eltern geschaut, wo im Ort gerade ein Ausbildungsplatz frei war. Meine Mutter ʹdurfteʹ nur Hauswirtschaft lernen, denn alles andere war für eine Frau nicht vorstellbar. Beide sind wirklich glücklich und zufrieden in ihrem Leben geworden, doch nicht durch die Art ihrer Berufswahl; da haben Gott sei Dank ganz andere Dinge eine Rolle gespielt.
Ich werde in dieser Woche in Benediktbeuern an einem Jugendpastoralen Symposium teilnehmen, das unter der Überschrift steht: Beruf(en) leben. Wahlprozesse junger Menschen begleiten. Ich darf mich dort noch einmal aus der Perspektive eines Delegierten der Jugendsynode einbringen. Und ich habe mir vorgenommen, diese Grundhaltung einer hörenden Begleitung in den Vordergrund zu stellen, die einiges an Einfühlungsvermögen erfordert. In vielen geistlichen Traditionen wird das auch verbunden unter der Überschrift „Fähigkeit zur Unterscheidung“: Sie will entwickelt und gestärkt werden – bei denjenigen, die andere begleiten, aber immer mit Blick darauf, dass die Begleiteten für sich den je eigenen, unverwechselbaren Weg finden können.
Diesen Weg zu gehen und einzuschlagen ist nicht nur wichtig für junge Menschen, damit sie ihren persönlichen Beruf und ihre Berufung finden; er ist auch unerlässlich für eine Kirche und konkrete Gemeinden, um die Talente und die Charismen gerade auch junger Menschen zu entdecken und zu fördern.
Wie heißt es doch im nachsynodalen Apostolischen Schreiben Christus vivit von Papst Franziskus an die jungen Menschen und an das ganze Volk Gottes: „Da die Zeit mehr wert ist als der Raum müssen wir Prozesse in Gang bringen und begleiten, nicht Wege vorschreiben. Und es geht um Prozesse in Personen, die immer einzigartig und frei sind.“ (Nr. 297) Und der Papst schließt mit einem wunderbaren Wunsch:
„Liebe junge Menschen, es wird meine Freude sein, euch schneller laufen zu sehen als jene, die langsam und ängstlich sind. … Der Heilige Geist möge euch bei diesem Lauf antreiben. Die Kirche bedarf eures Schwungs, eurer Intuitionen, eures Glaubens. Wir brauchen das! Und wenn ihr dort ankommt, wo wir noch nicht angekommen sind, habt bitte die Geduld, auf uns zu warten.“ (Nr. 299)