Weil wir alle Erde sind
Vor Kurzem konnten wir in der Zeitung lesen: Ab jetzt lebt die Menschheit ökologisch auf Pump. Die Menschen haben die natürlichen Ressourcen der Erde für dieses Jahr rechnerisch verbraucht. Das bedeutet: Bis zum 29. Juli hatte die Menschheit bereits so viel verbraucht, wie die Erde im ganzen Jahr erneuern kann. In 2018 lag dieser Termin wenigstens noch drei Tage später …
Spätestens mit Greta Thunberg und der Initiative Fridays for Future ist auch einer breiten Öffentlichkeit deutlich geworden, wie viele v. a. junge Menschen sich aktiv gegen die Ursachen des Klimawandels und für eine entsprechende Politik einsetzen. Man mag über Formen streiten – aber dass unser Umgang mit der uns geschenkten Erde an einem Scheideweg steht, lässt sich meines Erachtens nur noch leugnen, wenn man wissenschaftlich eindrucksvoll belegte Fakten zu „Fake News“ erklärt, oder sich eben sehenden Auges dafür entscheidet, die Interessen zukünftiger Generationen zu ignorieren. Mit Papst Franziskus in seiner Enzyklika „Laudato Si“ formuliert: „Das Klima ist für uns deshalb so wichtig, weil es ein kompliziertes System auf globaler Ebene ist, das mit vielen wesentlichen Bedingungen für das menschliche Leben verbunden ist.“ (LS 23)
Über den Autor
Johannes Wübbe ist Weihbischof in unserem Bistum. Auf wen er in seinem Alltag trifft und was ihn bewegt – wir werden das in seinen Blogbeiträgen verfolgen.
Wenn wir am nächsten Sonntag, 18. August, in Sögel auf der großen Diözesanwallfahrt das Hochfest „Mariä Aufnahme in den Himmel“ feiern, dann rückt dieses Thema auch in den Vordergrund. „Maria – Behüterin der Schöpfung: Sei uns Quelle blühenden Lebens“: So lautet in diesem Jahr das Motto.
Jugendliche des Hümmling-Gymnasiums und der Oberschule Sögel beteiligen sich als Pilgergruppe und werden ihren ganz eigenen Beitrag zum Leitthema leisten. Sie haben u. a. das Dankgebet formuliert und möchten allen, die den Gottesdienst mitfeiern, mit einem kleinen, aber eindrucksvollen Symbol die gemeinsame Herausforderung, am Erhalt der Schöpfung mitzuwirken, sozusagen „mit nach Hause“ geben. An dieser Stelle möchte ich ihnen für ihre Arbeit ganz herzlich danken.
Ob Maria, das für unseren christlichen Glauben so zentrale „junge Mädchen aus Nazareth“, die „kleine Tochter Israels“, sich auch für den Umweltschutz eingesetzt hätte? So gestellt, ist eine solche Frage vielleicht nicht besonders hilfreich, weil Maria zu ihrer Zeit unter ganz eigenen Verhältnissen gelebt hat, die mit den heutigen nicht einfach vergleichbar sind. Und doch gibt es durchaus Verbindendes über die Zeiten hinweg, weil es unserem Glauben immer um die Menschen und alles Lebendige geht.
Einen zentralen Punkt benennt Papst Franziskus mit folgenden Worten: „Wir vergessen, dass wir selber Erde sind (vgl. Gen 2,7). Unser eigener Körper ist aus den Elementen des Planeten gebildet; seine Luft ist es, die uns den Atem gibt, und sein Wasser belebt und erquickt uns.“ (LS 2) Wer aber vergisst, dass er selber Erde ist, wird die Erde letztlich geringschätzen, und darin liegt die tiefste Wurzel dafür, dass die Menschen unserem Planeten schlimmsten Schaden zufügen.
Für mich zeichnet sich Maria, wie sie Bibel und Glaubenstradition sehen, vor allem dadurch aus, dass sie nie vergessen hat, selber Erde zu sein – und genau dadurch offen für den Himmel! Daran dürfen wir uns in Sögel erinnern lassen, wenn wir in der Natur, in einem herrlichen Ambiente miteinander Gottesdienst feiern und danach gesellig zusammen sein können. Ach ja: nicht nur erinnern, sondern neu motivieren lassen, sich aktiv und kreativ für die Schöpfung einzusetzen, „weil wir alle Erde sind“.