15. Dezember 2020
Iris Argüello: Ein würdevolles Leben für Honduras’ Landbevölkerung
Für die Menschen in ihrer Gemeinde ist sie Schwester, Mediatorin und Seelsorgerin. Als Botschafterin des Wortes Gottes gibt Iris Argüello Hoffnung und fordert Gerechtigkeit.
„Viele Menschen hier brauchen jemanden, der sich um sie kümmert, der sie begleitet und für sie betet“, sagt Iris Argüello. In ihrer Gemeinde im Nordosten von Honduras ist sie rund um die Uhr für die Menschen zu sprechen. Viele wenden sich vertrauensvoll mit ihren Sorgen an sie. Iris berät Familien, unterstützt Alleinerziehende und kümmert sich um Kranke. Sie engagiert sich in lokalen Organisationen und vermittelt zwischen Bevölkerung und Politik. „Sie sagen: Geh zu Iris, sie findet immer eine Lösung“, erzählt sie. „Aber ich stoße oft an meine Grenzen. Manchmal kann ich einfach nichts tun. Gegen unheilbare Krankheiten, die ausufernde Gewalt, die starke Migration.“
Seit 2005 ist Iris Argüello Delegada de la Palabra, Botschafterin des Wortes Gottes, und gehört damit zu den vielen Laien in Honduras, die den Glauben in den Gemeinden lebendig halten. Sie sind die lateinamerikanische Antwort auf den Priestermangel, von dem besonders die Landbevölkerung betroffen ist. Als Delegada hält sie einmal in der Woche und bei wichtigen Anlässen Wortgottesdienste und organisiert die Vorbereitung auf Taufe, Kommunion und Firmung. „Es war mein großer Wunsch, Delegada zu werden, denn ich spürte ein starkes Bedürfnis, Gottes Wort zu verbreiten.“
Aus ihrer Verantwortung als Katholikin erwächst für Iris Argüello auch das soziale Engagement. Sie mobilisiert ihre Gemeinde, steht bei Protesten in der ersten Reihe – gegen die Zerstörung der Umwelt, für gerechte Land- und Ressourcenverteilung und gegen die Regierung. Vor elf Jahren putschte das Militär in Honduras, seitdem wird das Land diktatorisch regiert. 64 Prozent der Bevölkerung leben in Armut oder extremer Armut, die meisten davon in ländlichen Gemeinden. Geldmangel, Hunger und Gewalt bestimmen den Alltag dieser Menschen. Iris Argüello begibt sich mit ihrem Engagement in Gefahr, denn auch friedliche Demonstrationen enden oft gewaltsam, wenn sich Polizei oder Militär einschalten. „Aber wir müssen um das kämpfen, was Gott uns allen geschenkt hat, und nicht nur einer kleinen Gruppe,“ sagt sie. „Wir möchten ein Honduras ohne Gewalt und Korruption, mit guten Zukunftsaussichten und glücklichen Familien. Ein Honduras, in dem die Menschen leben wollen.“
Christina Weise