Baum der Gedanken
Zwischen den grünen Blättern der Zierkirsche leuchten gelbe, grüne und rote Zettel. Mit einer Schnur sind sie an den Ästen befestigt, die in einer Vase neben dem Taufbecken stehen. Als „Baum der Gedanken“ hat das Gemeindeteam die Äste in der Kirche St. Bartholomäus aufgestellt, „eigentlich ist es nur ein Busch“, scherzt Jörg Brüwer vom Gemeindeteam in Schwagstorf.
Im Pfarrbrief wurde darauf aufmerksam gemacht. Die Idee kommt gut an: Besucher, die die Kirche betreten, können einen Zettel nehmen und mit ihren Gedanken und Wünschen beschriften, wie bei einem Fürbittbuch, aber gut lesbar für alle anderen. „Bitte lieber Gott, lass mein Patenkind die Prüfung bestehen“, schreibt jemand, und auf einem anderen Zettel steht: „Ich möchte meine Kinder und Enkelkinder wieder umarmen dürfen, Jesus umarme uns alle“,
Der Baum der Gedanken soll noch einige Tage so stehen bleiben, in einer öffentlichen Messe sollen die Zettel dann als Fürbitten bedacht werden. Der Baum ist eins von mehreren Projekten, die das Gemeindeteam in Schwagstorf auf den Weg gebracht hat, seit es vor sechs Jahren seine Arbeit aufnahm und zunächst eine Fragebogenaktion startete. Neu eingeführt wurde dann ein Wortgottesdienst am Herz Jesu Freitag, der in der Kirche St. Bartholomäus gefeiert und von Mitgliedern des Gemeindeteams geleitet wird. Anschließend bleiben die rund 30 Besucher zum Frühstück. Dafür müssen sie nur ein paar Schritte hinübergehen ins Pfarrheim. Der Besuchsdienst lädt dazu die „Geburtstagskinder“, die sonst zu Hause besucht würden, schriftlich ein. So entsteht Geselligkeit.
Stichwort Gemeindeteams
Im Bistum Osnabrück sind Gemeindeteams der Pfarreiengemeinschaft Fürstenau an den Standorten Berge, Hollenstede und Schwagstorf tätig, in der Pfarre Melle St. Matthäus an den Kirchstandorten Riemsloh und Sondermühlen, außerdem in Osnabrück-Eversburg, in Papenburg und in Lathen (Standorte Lathen/Lathen-Wahn und Wippingen/Renkenberge). Die Temmitglieder erhalten eine Beauftragung vom Bischof für drei Jahren. Sie sollen hören was bei den Gemeindemitgliedern und im Sozialraum der Kirchengemeine nötig ist und folgen dabei vier Themenfeldern: in Zukunft Gottesdienste feiern, in Zukunft solidarisch handeln in Zukunft glauben und in Zukunft Gemeinde gestalten.
Neu initiiert hat das Gemeindeteam vor einigen Jahren ein Friedhofscafe, das bei gutem Wetter in der wärmeren Jahreszeit öffnet. Dabei werden freitags, wenn viele Menschen ihre Gräber pflegen, auf dem Friedhof neben der Sakristei Tische und Bänke rausgestellt. Es gibt Kaffee und Kuchen und wer Zeit hat, gesellt sich zu den anwesenden Teammitgliedern und nutzt die Gelegenheit zum Plaudern. So kommen die Menschen untereinander ins Gespräch. Beim Kuchenbacken wird das Team von anderen Gemeindemitgliedern unterstützt, frei nach dem Motto: Talente heben und fördern.
Was wünschen sich die Gemeindemitglieder?
Bevor das Schwagstorfer Gemeindeteam vor sechs Jahren seine Arbeit aufnahm, wurden die Kandidaten in Wochenendseminaren auf ihre Aufgabe vorbereitet. Die Fortbildungen werden vom Seelsorgeamt des Bistums Osnabrück angeboten und sollen die Menschen befähigen, die Prinzipien des Hinhörens und Hinsehens anzuwenden. Also herauszufinden, was sich die Menschen in der Gemeinde wünschen, aber auch, welche Anliegen sie haben, aber nicht formulieren. Das Friedhofscafe entstand, weil man feststellte, dass auf dem Friedhof freitags sehr viele Menschen in Bewegung sind und auch viele Alleinstehende kommen. Sie können das Cafeangebot ganz zwanglos nutzen.
Jörg Brüwer ist eines von fünf Teammitgliedern in Schwagstorf und fungiert als Kontaktperson nach außen. Leiter des Teams sei er nicht, betont der Berufsschullehrer. Das Team bespreche und entscheide gemeinsam, darin liege auch eine große Stärke. Zum Team gehören neben Brüwer noch Hedwig Schulte, Anita Meiners, Angelika Wencker und Josef Osterhage sowie Gemeindereferentin Ute von der Wellen. Jeder habe verschiedene Talente und die könnten optimal eingesetzt werden, sagt Brüwer. Er selbst hat sich vor sechs Jahren für die Mitarbeit im Gemeindeteam gemeldet, weil er „aktiv sein und etwas voranbringen“ wollte. Dann musste er sich damit zurechtfinden, dass sie in der Fortbildung darauf verpflichtet wurden, zunächst nur zuzuhören, das Ohr in der Gemeinde zu sein. Doch das habe sich als wirksame Methode herausgestellt: darauf zu warten, welche Projekte sich daraus ergeben.
Mit dem Wort Gotts um das Beste ringen
Neu war für Jörg Brüwer auch, dass das Gemeindeteam den Glauben in den Mittelpunkt des Handelns rückt. Jedes Treffen beginnt mit dem Bibelteilen. So hat das Gemeindeteam es in der Ausbildung gelernt und so haben sie es all die Jahre beibehalten. Die Anwesenden können Kraft schöpfen aus dem Wort Gottes. Diejenige, die eine Bibelstelle ausgesucht hat, liest sie vor, dann folgt Stille, dann wird der Text von jemand anderem noch einmal gelesen. So klingt manches wieder ganz anders. In einem Moment der Stille lassen die Anwesenden die Worte auf sich wirken und können Anregungen für ihre Aufgaben mitnehmen. Manchmal sagen die Teammitglieder noch, welches Wort aus dem Bibeltext oder welcher Satz ihnen besonders gefallen oder sie besonders angesprochen hat. Dann geht es weiter mit den Dingen, die auf der Tagesordnung stehen.
Glauben und Leben in Verbindung zu bringen, habe ihn auch persönlich weiter gebracht, sagt Brüwer. Für manche sei das aber befremdlich, erzählt Nicole Muke, Leiterin des Bereichs Gemeindeentwicklung im Bistum Osnabrück. Sie ist in der Ausbildung und Fortbildung der Gemeindeteams tätig. In einer der Ausbildungsrunden hat eine Dame einmal zu ihr gesagt, das sei ja alles sehr aufschlussreich, „aber diesen Bibelquatsch brauche ich nicht“. Dabei könne die Orientierung am Wort Gottes einem Gemeindeteam helfen, gemeinsam um das beste zu ringen, meint Muke. Das vermittelte sie auch den Männern und Frauen, die die neuen Gemeindeteams bilden, im Juni findet der Wechsel statt. Auch die neuen Mitglieder sollen die Gabe der Kommunikation und die Gabe des Hörens einsetzen.
Weitere Infos
Hier gibt es noch mehr Beispiele für „Kirche der Beteiligung“ im Bistum Osnabrück.
Das bestehende Gemeindeteam hat noch ein Schwagstorfer Projekt unter dem Dach von „Kirche am Weg“ abgeschlossen. Dabei wurden Informationen zu Klausen, Grotten und Wegkreuzen der Umgebung zusammengestellt. Vor den Wegkreuzen und Klausen sollen künftig durch Plexiglas geschützte Tafeln mit einem QR-Code stehen, den können die Menschen, die dort vorbeikommen mit dem Smartphone scannen und dadurch die Informationen zu dem Wegkreuz und einen meditativen Text aufrufen.