Die Vision einer besonderen Welt

Bibelfenster zum 31. Mai 2012:

[So spricht Gott, der Herr:] Danach aber wird es geschehen, dass ich meinen Geist ausgieße über alles Fleisch. Eure Söhne und Töchter werden Propheten sein, eure Alten werden Träume haben und eure jungen Männer haben Visionen. Auch über Knechte und Mägde werde ich meinen Geist ausgießen in jenen Tagen. Ich werde wunderbare Zeichen wirken am Himmel und auf der Erde: Blut und Feuer und Rauchsäulen. Die Sonne wird sich in Finsternis verwandeln und der Mond in Blut, ehe der Tag des Herrn kommt, der große und schreckliche Tag. Und es wird geschehen: Wer den Namen des Herrn anruft, wird gerettet. Denn auf dem Berg Zion und in Jerusalem gibt es Rettung, wie der Herr gesagt hat, und wen der Herr ruft, der wird entrinnen.

Einheitsübersetzung, Buch Joel 3,1-5

Die christlichen Kirchen feiern Pfingsten, das große Fest des Heiligen Geistes. Dazu bieten sich einige biblische Lesungen an. Aber diese Lesung ist meine liebste. Ich mag ihre poetische Sprache und die überschwängliche Zuversicht, die aus ihr spricht.

Gott verheißt, seinen Geist über alle auszugießen. Alle werden mit göttlicher Kraft, mit seinem Beistand ausgestattet. Die Grenzen zwischen Mann und Frau, Alt und Jung und sogar zwischen den gesellschaftlichen Schichten werden aufgehoben. Das bleibt nicht folgenlos: Die Geisterfüllten werden Visionen und Träume haben, Propheten und Prophetinnen sein.

Dabei geht nicht um irgendwelche netten Träumereien, sondern um die Vision von einer Welt, in der das Miteinander gelingt über alle Grenzen hinweg, in der sich Menschen verstehen, obwohl sie nicht die gleiche Sprache sprechen, in der Einsatz für Frieden, Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung ganz selbstverständlich ist. Angesichts all der düsteren und schrecklichen Nachrichten, die tagtäglich über unsere Bildschirme flimmern, und angesichts unserer persönlichen Erfahrungen, wie schwierig sich schon ein Miteinander unter Gleichgesinnten gestalten kann, scheinen solche Visionen nur Illusionen zu sein.

Das Bibelfenster

Hier kommentieren jede Woche Menschen aus dem Bistum Osnabrück eine Bibelstelle aus einer der aktuellen Sonntagslesungen – pointiert, modern und vor allem ganz persönlich.

Haben Sie eine Frage? Oder eine ganz andere Idee zum Thema?

Dann schreiben Sie uns!
An bibelfenster@bistum-os.de

Gerade deshalb braucht es immer neu Menschen, die sich von ihren Träumen und Visionen von einer besseren Welt – im Kleinen und Großen – antreiben lassen, das ihnen Mögliche dafür zu tun, die be-GEIST-ert sind und andere anstecken. Dass wir uns dabei nicht auf uns allein verlassen müssen, daran erinnert uns das Pfingstfest. Denn der Geist Gottes, von dem im Buch Joel die Rede ist, ist schon über uns ausgegossen. Er schenkt nicht nur die Visionen und Träume, sondern auch die Kraft, um sie zu verwirklichen.

Bitten wir, nicht nur an Pfingsten, sondern immer neu darum, dass Gottes Geistkraft in uns aufflackere und uns brennen lässt für die Vision von einer besseren Welt, einer Welt, wie Gott sie sich denkt.

Inga Schmitt, Pastoralreferentin