Wahre Größe sieht so aus …

Bibelfenster zum 20. Oktober 2010:

Einigen, die von ihrer eigenen Gerechtigkeit überzeugt waren und die anderen verachteten, erzählte Jesus dieses Beispiel: Zwei Männer gingen zum Tempel hinauf, um zu beten; der eine war ein Pharisäer, der andere ein Zöllner. Der Pharisäer stellte sich hin und sprach leise dieses Gebet: Gott, ich danke dir, dass ich nicht wie die anderen Menschen bin, die Räuber, Betrüger, Ehebrecher oder auch wie dieser Zöllner dort. Ich faste zweimal in der Woche und gebe dem Tempel den zehnten Teil meines ganzen Einkommens. Der Zöllner aber blieb ganz hinten stehen und wagte nicht einmal, seine Augen zum Himmel zu erheben, sondern schlug sich an die Brust und betete: Gott, sei mir Sünder gnädig! Ich sage euch: Dieser kehrte als Gerechter nach Hause zurück, der andere nicht. Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, wer sich aber selbst erniedrigt, wird erhöht werden.

Lk 18, 9-14

 

Im Kindergarten läuft mir der kleine Jonas entgegen, baut sich wie ein Bodybuilder vor mir auf, lässt seine Muskeln spielen und ruft: „Guck mal, wie groß und stark ich bin!“ Ich zeige mich beeindruckt und muss gleichzeitig schmunzeln. Der kleine Kerl hat scheinbar schnell begriffen, worum es sich in unserer Welt dreht: Um Größe und Stärke, um Durchsetzungsvermögen und Anerkennung.

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Klar, wer freut sich nicht, wenn er gut dasteht und Lob oder Anerkennung erfährt. Trotzdem bleibt die Frage: Was ist denn wirkliche „Größe“?
Der Pharisäer aus der Erzählung Jesu schießt mit der Sicht auf die eigene Person etwas über das Ziel hinaus. Er hält sich für einen tollen Typen und hat für den Zöllner nur abfällige Blicke und Bemerkungen übrig. Keine Frage, Klappern gehört bekanntlich auch heute zum Handwerk. Ich muss mich schon darstellen können, um etwas zu erreichen. Aber die Grenze zum Größenwahn scheint da nicht weit.

Der Zöllner wirkt dagegen sehr unterwürfig und devot. Er kommt alles andere als selbstbewusst daher. Trotzdem geht es Jesus mit diesem Beispiel nicht darum die Menschen klein zu halten, damit sie bei Gott Anerkennung finden! Der Zöllner zeigt in seiner Art eher echte Größe, weil er andere(s) größer sein lassen kann. Gott setzt nicht so sehr auf die „tollen Typen, die alles können und alles machen. Er hat eher eine Schwäche für die Schwachen.

Christian Adolf