Nur ein Windhauch

Bibelfenster zum 5. August 2010:

Windhauch, Windhauch, sagte Kohélet, Windhauch, Windhauch, das ist alles Windhauch. Denn es kommt vor, dass ein Mensch, dessen Besitz durch Wissen, Können und Erfolg erworben wurde, ihn einem anderen, der sich nicht dafür angestrengt hat, als dessen Anteil überlassen muss. Auch das ist Windhauch und etwas Schlimmes, das häufig vorkommt. Was erhält der Mensch dann durch seinen eigenen ganzen Besitz und durch das Gespinst seines Geistes, für die er sich unter der Sonne anstrengt? Alle Tage besteht sein Geschäft nur aus Sorge und Ärger, und selbst in der Nacht kommt sein Geist nicht zur Ruhe. Auch das ist Windhauch.

Einheitsübersetzung, Koh 1, 2; 2, 21-23

 

Der Begriff „Windhauch“ ist das Leitmotiv bei Kohéhet. In dem nur zwölf Kapitel umfassenden Buch lässt er sich 37mal zu diesem Ausspruch hinreißen. 37 Mal beschreibt Kohélet, dass etwas „vergeblich und vergänglich“ ist, „nichtig und flüchtig“ bzw. „sinn- und bedeutungslos“, wie der Windhauch in anderen Bibelübersetzungen umschrieben wird.

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Diese Beobachtung gewinnt vor allem deshalb an Brisanz, da Kohélet jüdischer Weisheitslehrer ist, der sich mit dem Sinn allen Lebens auseinandersetzt.
Und als solcher relativiert er – für uns heute wohl überraschend – Kategorien wie Bildung und Können und damit erzielte Erfolge. In ihnen sieht er keine Garanten mehr für ein erfülltes Leben, diese können eher für andere zum Vorteil werden als für einen selbst. Das Gleiche gilt für die Arbeit der Menschen, die nicht nur Sorgen und Ärger bereiten, sondern Menschen die Nachtruhe stehlen.
Hinter dieser Kritik Kohélets versteckt sich aber sein eigentliches Anliegen: Er will wissen, wie Leben im Hier und Jetzt gelingen und glücken kann. Wofür und inwiefern lohnt es sich anzustrengen?
Leider gibt uns diese erste Sonntagslesung hierüber keinen Aufschluss mehr; soweit soll Kohélet aber noch einmal selbst zu Wort kommen dürfen, dass das eigentliche Geschenk Gottes für ihn darin besteht, dass Gott sich um den Menschen müht – „um die Freude seines Herzens“ (Koh 5,19).

Birgit Hosselmann, Hochschulseelsorgerin