Wer’s glaubt, wird selig

biblische Sprichwörter

Sündenbock, Moralapostel, auf Herz und Nieren prüfen, wie ein Buch mit sieben Siegeln – wohl jeder kennt und benutzt solche Redewendungen im Alltag. Was viele nicht wissen: Diese und viele mehr haben ihren Ursprung in der Bibel!
Wie kommt es, dass wir rund 2500 Jahre alte Sprüche, Sprichwörter und Redewendungen auch heute noch verwenden? Es liegt wohl daran, dass sie allgemeingültig sind – und auch heute noch aktuell. Wovor damals gewarnt wurde, das gilt auch heute noch als Gefahr; beziehungsweise kann es problemlos auf die heutige Zeit übertragen werden. Die populären Weisheiten bestehen meist aus nicht mehr als sieben Wörtern. Außerdem sind sie oft sehr bildhaft formuliert. So lassen sie sich leicht einprägen. Werbeslogans funktionieren übrigens nach dem gleichen Prinzip.

Schafe, Bild: photocase.de, krockenmitte
In der Bibel wurde einem Sündenbock die Schuld des Volkes Israels aufgeladen (Bild: photocase.de, krockenmitte)

Dokumentiert sind neben anderen Weisheiten vor allem die Sprüche des weisen Königs Salomo im Buch der Sprichwörter, das Bestandteil des Alten Testaments ist. Es entstand zwischen 500 bis 200 vor Christus. Neben Zahlensprüchen und einer Sammlung von Weisheitslehren ist dort die erste und zweite salomonische Spruchsammlung dokumentiert: Erziehungs- und Lebenshilfen, Warnungen und Tipps. Auch im Neuen Testament finden sich Zitate und Bezüge auf Salomos Sprüche.
Heinrich Lienesch, Pfarrer im Ruhestand in Osnabrück, benutzt gerne den Spruch „Wer andern eine Grube gräbt, fällt selbst hinein“. (Sprüche 26,27) – wenn auch nicht immer ernst gemeint. „Es gibt in der Bibel herrliche Sprüche zum täglichen Leben“, sagt der 77-Jährige. Dieser Spruch warnt z.B. davor, einem anderen mutwillig zu schaden. Denn durch welche Umstände auch immer, kann man selbst in die gestellte Falle tappen. Im Alten Testament findet sich dieses Sprichwort gleich an zwei Stellen, nämlich auch noch im Buch Kohelet (Prediger 10,8). Beide Sprüche sind nahezu identisch.
Im Sprichwort „Zweierlei Gewicht und zweierlei Maß, beide sind dem Herrn ein Greuel.“ (Sprüche 20,10) geht es um die Warnung davor, ungerecht zu urteilen. „Wir wissen um die Bedeutung, aber eigentlich messen wir heute gar nicht mehr. Im Supermarkt ist ja alles abgepackt“, sagt Pfarrer Lienesch und schmunzelt. „Mit diesem Sprichwort ist gemeint: auf der Packung steht 400 Gramm, drin sind aber nur 380 Gramm.“
Dieses Beispiel zeigt, dass eine Übertragung eines 2500 Jahre alten Spruches problemlos möglich ist. Das Sprichwort ist wie das erste fest im deutschen Sprachgebrauch verankert. Auch im Neuen Testament findet sich im Markusevangelium die Warnung, nicht mit verschiedenen Maßen zu messen. An dieser Stelle ist der Spruch um eine Konsequenz erweitert: „Nach dem Maß, mit dem ihr messt und zuteilt, wird euch zugeteilt werden.“ (Markus 4,24)
Nach einer Umfrage des demoskopischen Instituts in Allensbach lesen nur vier von hundert Erwachsenen „häufig“ in der Bibel; neun Prozent „hin und wieder“ – 62 Prozent dagegen jedoch „nie“. Dass biblische Sprichwörter heute trotzdem noch gebraucht werden, führt Pfarrer Lie­nesch auf ihre praktische Bedeutung zurück: „Es sind auch Erziehungshilfen; ich kann damit zum Beispiel Kindern etwas deutlich machen.“ Die kurzen Sprichwörter seien oft deutlicher, als eine lange Moralpredigt. „Die Sprüche sind lebensnah und in ihnen steckt viel Weisheit und Lebenserfahrung“, sagt Pfarrer Lienesch.
So zum Beispiel auch die Weisheit „Hochmut kommt vor dem Fall.“ (Sprüche 16,18). Sie enthält eine Warnung: Überheblichen und zu stolzen Menschen droht Erniedrigung. „Auch das ist wie die anderen Sprüche ein schönes Bild – und wir können uns Bilder einfach viel besser merken als Texte“, erklärt Pfarrer Lienesch.

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