Buchkunst im Vorzimmer der Queen
Windsor Castle – der Ort, an dem Prinz Harry seiner Meghan das Ja-Wort gab, die Queen ihren ständigen Wohnsitz hat – und das vielleicht schönste Stundenbuch der Welt aufbewahrt wird: Das Sobieski-Stundenbuch.
Stundenbücher waren vor allem im späten Mittelalter weit verbreitet. Die handlichen Gebetbücher dienten dem reichen und lesekundigen Adel zur privaten Andacht. Der Begriff Stundenbuch leitet sich dabei von den zu bestimmten Tageszeiten zu verrichtenden Gebet ab, außerdem fanden sich häufig Merkverse zur Datierung der wichtigsten beweglichen Kirchenfeste darin – eben alles, was der Gläubige außerhalb des Gottesdienstes benötigte.
Viele Stundenbücher sind aufgrund ihrer reichen Ausstattung berühmt geworden, wie etwa die „Trés riches heures“ des Jean de Berry, in denen jedem Monat eine prachtvolle Seite zugeordnet wurde. Viele Auftraggeber waren kunstbegeisterte Sammler, die ihre Andachtsbücher mit Malereien und Miniaturen der Extraklasse ausstatten ließen.
Für wen das Sobieski-Stundenbuch ursprünglich geschaffen wurde, ist bis jetzt ein Rätsel. Möglicherweise war es Margarete von Bretagne, eine Enkelin Karls VI. von Frankreich. Sie heiratete Guy de Laval – und erhielt das Buch vielleicht als Hochzeitsgeschenk von ihrer Mutter. Die Lebensgeschichte der heiligen Margarete ist jedenfalls als einziger Text im Buch nicht in Latein, sondern in französischer Sprache verfasst und sticht schon allein dadurch heraus. Im kostbaren Gewand mit burgundischer Haube wird sie im Bild zum Text dargestellt.
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Auch der verantwortliche Maler ist namenlos. Forscher behelfen sich mit „Bedford-Meister“, benannt nach dem Bedford-Stundenbuch, bei dem der Unbekannte ebenfalls federführend gewesen sein soll.
Fest steht, im 17. Jahrhundert kam es an den Hof des polnischen Königs Johann III. Sobieski. Dessen Enkelin heiratete 1719 in den englischen Königshof ein, von wo es seinen Weg nach Schloss Windsor fand, wo es in der Royal Library aufbewahrt wird.