Damit Kirche stärker in die Gesellschaft wirkt

Eine erhobene Hand mit einem Stimmzettel vor einerm blauen Hintergrund.
Bild: ZdK / Benedikt Plesker

Für Martina Kreidler-Kos steht diese Woche eine Premiere an: Die Theologin ist neu als Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken gewählt worden und hat jetzt ihre erste Vollversammlung – gleich mit der Neuwahl einer Präsidentin oder eines Präsidenten. Im Interview verrät sie, weshalb sie das ZdK nicht für eine Papiertiger hält, was sich ihrer Meinung nach dort trotzdem ändern muss und wieso das oberste Laiengremium in Deutschland auch für katholische Christinnen und Christen im Bistum Osnabrück wichtig ist.   

Frau Kreidler-Kos, demnächst findet die Herbstvollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) statt. Für Sie ist es die erste Sitzung als ZdK-Mitglied. Schon aufgeregt?

Aufgeregt nicht, aber tatsächlich bin ich neugierig auf die Arbeit im ZdK. Und ich freue mich auf viele Begegnungen, weil ich etliche Akteurinnen und Akteure kenne und ihnen hier wieder begegne. 

Was macht das ZdK?

Es mischt sich ein und zwar in zwei Richtungen: Als engagierte katholische Stimme in gesellschaftspolitischen Debatten und bei Fragen, die wir uns in unserer Kirche stellen – gerade ganz prominent in dem das ZdK den Synodalen Weg mitorganisiert und trägt. Darüber hinaus ist es Veranstalter der Katholikentage, die öffentlichkeitswirksam zeigen, wir sind da. Insgesamt also eine gute, kritische Stimme von Christinnen und Christen katholischer Prägung in diesem Land.

Zur Person

Martina Kreidler-Kos

Dr. theol. Martina Kreidler-Kos ist leitet seit 2020 zusammen mit Bruno Krenzel die Abteilung Seelsorge im Bischöflichen Generalvikariat Osnabrück. Sie wurde in diesem Frühjahr als Einzelpersönlichkeit im ersten Wahlgang ins ZdK gewählt.

Sie haben sehr positiv vom ZdK als kritische Stimme in Kirche und Gesellschaft gesprochen. Es gibt auch andere Stimmen, die dem ZdK vorwerfen, es sei eher ein „Papiertiger“, der viele Schriften zu den unterschiedlichsten Themen produziert, von denen man nicht weiß, ob sie überhaupt etwas bewirken. Trügt der Eindruck?

Sicher produziert das ZdK viele Papiere. Aber genau das kann für die Arbeit in den verschiedensten Zusammenhängen wichtig sein, weil man sich darauf berufen kann. Sie dienen der Information, der Verständigung und der Argumentation in ganz vielen Kontexten. Das ZdK hat hier eine gut verantwortete Arbeitsweise gefunden, Themen zu bearbeiten. Gleichwohl wünsche ich mir vom Gremium mehr Durchlässigkeit, dass es als Ganzes und von den einzelnen Mitgliedern her noch stärker als Stimme nach außen wahrnehmbar wird. Da können alle Mitglieder etwas dazu beitragen und auch ich will mich dafür einsetzen, dass die Verständigung ins Kirchenvolk und die Gesellschaft hinein noch besser klappt.         

Braucht es in der Kirche noch eine alleinige Vertretung der Laien? Beim Synodalen Weg geht ja auch nur vieles zusammen mit den Bischöfen voran.  

Was wir nicht brauchen, ist ein Lagerdenken. Ich begrüße das sehr, dass die Laienvertretung und die Bischöfe enger zusammengerückt sind und sich nicht mehr so stark gegenüberstehen, wie ich das in früheren Jahren wahrgenommen habe. Diese Zusammenarbeit zeigt auch schon Früchte. Eine eigenständige Laienvertretung ist aber auch schon allein deshalb gut, weil sich hier eine basisdemokratische Struktur in der Kirche durchzieht, über die Pfarrgemeinde, Dekanats- und Diözesanräte bis auf eine bundesdeutsche Ebene.

Warum ist die Arbeit des ZdK auch für die Katholikinnen und Katholiken im Bistum Osnabrück wichtig?

Weil auch die Katholikinnen und Katholiken vor Ort Teil dieser Gesellschaft und Teil dieser Kirche sind. Die Idee, dass das ZdK nicht vor Bistumsgrenzen Halt macht, sondern eine übergeordnete, überregionale Funktion hat, finde ich sehr schlau, weil so auch sehr viel Verständigung zwischen den Diözesen und Arbeitsebenen passieren kann. Die Stimme wird immer dort stärker, wo man sie gemeinsam erhebt.  

Blick in einen Saal. An der Decke hängen kreisförmige Leuchter, unten sitzen Menschen an Tischen..
Ein Blick in die Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken

Zu welchen Themen wollen Sie sich in der ZdK-Arbeit besonders engagieren?

Weitere Infos

Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) ist der Zusammenschluss von insgesamt 230 Vertreterinnen und Vertretern der Diözesanräte und der katholischen Verbände sowie von Institutionen der Laienvertretung und weiteren Persönlichkeiten aus Kirche und Gesellschaft in Deutschland. Es wurde 1848 gegründet, seine Geschichte hängt unabdingbar zusammen mit den Deutschen Katholikentagen, deren Veranstalter das ZdK ist. Präsident ist derzeit noch Thomas Sternberg, der aber zur Wahl nicht mehr antritt. Das ZdK will Anfang 2022 von seinem angestammten Sitz Bonn nach Berlin umziehen.

Weitere ZdK-Mitglieder aus dem Bistum Osnabrück sind:
• Katharina Abeln, Vorsitzende des Katholikenrates
• Christoph Geffert, Mitglied im Katholikenrates
• Katharina Nussbaum, Mitglied im Katholikenrat
• Dr. Dorothea Reininger, Netzwerk Diakonat der Frau

Da ist erstmal mein Engagement für den Synodalen Weg. Ich bin Beraterin im Synodalforum IV „Leben in gelingenden Beziehungen“, wir arbeiten dort zum Themenkomplex Liebe, Sexualität, Partnerschaft, Familie. Ich habe entschieden, dass ich in den Synodalen Weg viel Energie hineingebe, weil er ein sehr zukunftsträchtiges Projekt ist. Aber er braucht Lebenskraft und Arbeitseinsatz: Man muss unendlich viele Gespräche führen, Texte formulieren und verstehen, Sitzungen besuchen, aber auch vom Synodalen Weg erzählen, dafür werben, Interviews geben, Veranstaltungen machen – einfach als Botschafterin dieses Abenteuers unterwegs sein. Das ist schon mal ein großes Engagement, auch für das ZdK. Mit dieser Arbeit im Forum IV hängen viele familienpolitische Fragen in Gesellschaft und Kirche zusammen, für die ich mich stark machen will: Anerkennung von Lebensformen, Stärkung von Familien, aber auch das Thema der Geschlechtergerechtigkeit. Und dann bin ich tatsächlich noch neugierig, was sich für weitere Möglichkeiten durch die Arbeit im ZdK ergeben. Da sind viele, viele spannende Felder: Klimagerechtigkeit, Nachhaltigkeit, Soziale Gerechtigkeit, Ökumene, interreligiöser Dialog. Da bin ich gespannt, wo ich mein Engagement verstärken werde – eventuell auch nach dem Synodalen Weg.

In der kommenden Sitzung wird auch eine neue Präsidentin oder ein neuer Präsident gewählt: Irme Stetter-Karp oder Ulrich Hemel treten als Kandidaten an. Würden Sie sich über eine Frau an der ZdK-Spitze freuen?

Unbedingt! Ich durfte jetzt als Mitglied schon Vorschläge für die Wahlen machen. Und Irme Stetter-Karp war auch meine Wunschkandidatin. Von daher fände ich es großartig, wenn eine Frau dieses Amt wieder ausfüllen würde und wenn es diese Frau tun würde, weil ich sie für sehr kompetent halte.