Das neue doppelte Lottchen

Lotte und Luise stehen sich gegenüber.
Bild: SWR/Uschi Reich

Neu und frisch kommen sie daher, Luise und Lotte, die mittlerweile schon über 70 Jahre sein müssten, aber – wie alle guten Geschichten – nie wirklich alt werden. Wo es ihre Vorgängerinnen in der Erstverfilmung 1950 schwer hatten, sich zwischen Wien und München zu verständigen, nutzen die beiden Mädels im diesjährigen Osterfilm der ARD selbstverständlich ihre Smartphones – jetzt zwischen Salzburg und Frankfurt:

Die Fremde im Bus wird mit einem Foto sofort identifiziert, die Gefahr eines Kusses für das Familienzusammenführungsprojekt auch und das Kochen, das im Original der wilden Lotte fast zum Verhängnis wird, weil sie doch als die zurückhaltende und fleißige Luise auftreten muss, kann via Whatsapp ganz easy unterstützt werden. Das Abenteuer des klug eingefädelten Zwillingtausches ist deshalb vielleicht nicht mehr so total wie noch vor 70er-Jahren – aber es macht noch genauso viel Spaß. Hier ist eine echt süße Verfilmung gelungen!

Über die Autorin

Martina Kreidler-Kos ist zuständig für die Ehe- und Familienseelsorge. Natürlich liegen ihr diese Themen besonders am Herzen – aber nicht nur. Sie hat im Alltag ein wachsames Auge. Denn dort trifft sie auf große Dinge oder nur scheinbar kleine Nebensächlichkeiten.

Nur der Schluss ist bitter: Während Erich Kästner sein Doppeltes Lottchen als Sehnsuchtsgeschichte erzählt, in der zwei Zehnjährige ideenreich und mutig gegen die „Halbierung“ ihrer Familie aufbegehren, bleibt ihnen 2017 das Happy End versagt. Solch ein Schluss träfe nicht mehr die Wirklichkeit heutiger Kinder heißt es, es müsse derzeit genügen, dass die beiden geschiedenen Elternteile überhaupt wieder miteinander reden.

Luise – oder war es Lotte? – darf den Wunsch nach „noch mehr Glück“ zwar noch äußern, aber er wird nicht weiterverfolgt. Die Romanvorlage wird kurzerhand den Statistiken angepasst. Dabei hatte Erich Kästner schon 1942 keine Bestandsaufnahme im Sinn, sondern sich mit seiner Geschichte liebevoll und augenzwinkernd vor einer großen Hoffnung verneigt: Familie, das sind die, die zusammengehören. Wir sollten – genauso wie er oder wie Lotte oder Luise oder wie die Justins und Maries unserer Tage –  diese Hoffnung nicht einfach aufgeben, sondern sie weiter erzählen.

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