Depression – lassen Sie uns darüber reden

Frau mit Regenschirm
Bild: AdobeStock.com, missccarrot

Schwere graue Wolken öffnen ihre Schleusen. Es schüttet aus Kübeln und vielleicht passt das ja zu diesem Abend. Mit durchnässten Jacken und tropfenden Schirmen eilen die Menschen ins Trockene. Der Besucherstrom im Forum am Dom reißt nicht ab, schnell werden weitere Stühle herbeigeschleppt bis 130 Personen einen Platz finden. Hinter dem Publikum ein Meer von Schirmen und Regenpfützen. Ist das Zufall, dass uns das Bild des Schirmes durch den Abend begleitet?

Wer kennt nicht im weiteren oder näheren Umfeld eine Person, die von Depression betroffen ist. Aber wo gibt es Raum, darüber zu sprechen? „Tabuthema Depression? Lassen Sie uns darüber reden!“ – dazu lädt eine Abendvisite der Nils-Stensen-Kliniken im Forum am Dom ein, zu der viele wohl aus persönlichem Interesse oder echter Not gekommen sind. Dr. med. Yvonne Walonka, Chefärztin der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Bramsche und Alena Balgenorth-Püngel, die dortige leitende Sozialarbeiterin, sprechen über Ursachen und Formen von Depressionen, Therapiemöglichkeiten, Hilfsangebote und Adressen. Zwei fachlich überzeugende und menschlich vertrauenerweckende Expertinnen, so symphatisch wie der freundliche Regenschirm auf der Titelseite ihrer Präsentation. Sie machen offensichtlich viel Mut.

Über die Autorin

Daniela Engelhard ist Leiterin des Forums am Dom in Osnabrück. Bei der Arbeit in dieser Einrichtung der Citypastoral kommt sie mit vielen unterschiedlichen Menschen in Kontakt. Von Erlebnissen und Themen, die sie bewegen, berichtet sie in ihren Blogbeiträgen.

Es berührt mich, wie offen Gäste ihre Fragen und Anliegen ansprechen. Wie kann ich meiner erkrankten Tochter helfen? Was kann ich tun, wenn mein Mann keinen Therapieplatz erhält? Welche Hilfen bietet mir eine Tagesklinik? Wann ist ein stationärer Aufenthalt angeraten? Wie trage ich Sorge für mich, dass ich nicht in eine neue depressive Episode gerate? Eine Sprechstunde, bei der viele zuhören. Wie gut, dass das so möglich ist. Wahrscheinlich, weil fast alle Anwesenden persönlich irgendwie vom Thema betroffen sind und Nöte und Sorgen anderer aus eigener Erfahrung kennen. Der Leidensdruck ist groß. Er ist so spürbar und greifbar im Raum wie die schwere Feuchtigkeit des Regens. Wer psychisch einen Wolkenbruch erlebt, braucht einen schützenden, stabilen Schirm. Den kann eine andere Person halten. Die Depression des Angehörigen oder der Freundin ernst zu nehmen und nicht klein zu reden nach dem Motto „Reiß dich mal zusammen!“, Verständnis und Zuwendung können schon viel bewirken. Wichtig ist aber auch professionelle Hilfe. Hausärzte, Psychotherapeutinnen und Fachärztinnen z.B. für Psychiatrie und Psychotherapie helfen.

Wichtige Informationen bietet auch das Bündnis gegen Depression in Stadt und Landkreis Osnabrück e.V.: www.os-gegen-depression.de. Ähnliches gibt es in anderen Regionen. Kontaktdaten für Telefonsprechstunden, Online-Beratung, Kliniken und vieles mehr wird dort angegeben. Zahlreiche Beratungsstellen bieten ebenfalls Unterstützung, einige findet man etwa unter www.efle-beratung.de.  Depression hat viele Gesichter und kann jeden treffen. Deshalb nicht darüber schweigen, sondern reden. Und es gibt gute Möglichkeiten, die passende Hilfe zu finden.

Nach einem intensiven Gesprächsabend suchen die Gäste ihre immer noch tropfenden Schirme und brechen in die Nacht auf. Der Regen ist schwächer geworden, der Wind hat sich gelegt. Es bleibt der Wunsch und vermutlich ist es nicht allein meiner in dieser Nacht: Möge kein Mensch, der mit Depression zu tun hat, unbeschirmt im Regen stehen.

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