Der Apostelinnen-Leuchter sprüht Funken
Die Marienkirche in Quakenbrück hat etwas, was nicht viele Kirchen haben: einen Apostelinnen-Leuchter. Die Kerze dort brennt in Gedenken an zwölf Frauen, darunter auch Maria von Magdala. Als die Flamme leuchtete, war dies für eine Gruppe von Frauen die Initialzündung, sich weiter als bisher in der Gemeinde zu engagieren – unter anderem mit besonderen Frauengottesdiensten.
Es war buchstäblich eine brennende Kerze, die die Funken sprühte, die das Engagement der Frauen in Quakenbrück zum Lodern brachte: „Die Idee, einen Apostelinnen-Leuchter in der Kirche aufzustellen, kam uns ganz spontan, als wir davon hörten, dass Papst Franziskus Maria Magdalena als Apostelin bezeichnet hatte“, erzählt Birgit Werner, die im Kirchenvorstand und im kfd-Diözesanvorstand aktiv ist. Denn in jeder katholischen Kirche gibt es zwölf Kerzenleuchter, für jeden Jünger Jesu einen. Warum dann nicht für Maria Magdalena auch einen aufstellen?
„Wir fanden die Vorstellung, mit Maria von Magdala eine Apostelin zu haben, die nicht perfekt ist, sehr sympathisch“, sagt Katrin Fengler aus dem Kreis der Engagierten. „Das hat etwas mit uns gemacht“, stimmt ihr Gemeindereferentin Monika Robin zu.
Gottes.Wort.verkünden.
Unter dem Leitwort „Gottes Wort verkünden“ fand vom 11. bis 18. September eine Predigt-Aktionswoche im Bistum Osnabrück statt, bei der ehrenamtlich und hauptamtlich engagierte Frauen und Männer in den Gottesdiensten predigen. Weitere Infos zur Aktion gibt es hier.
So machten sich die Frauen an das Projekt – und verbanden es mit einer Umfrage unter den Gemeindemitgliedern: „Wer ist für Sie heute eine Apostelin?“ Insgesamt kamen etwa 40 Vorschläge zusammen. Dann wurde abgestimmt und die zwölf Namen, die am häufigsten genannt wurden, sind jetzt auf einer Tafel unter dem Leuchter als Apostelinnen verewigt. Zwölf Frauen aus ganz unterschiedlichen zusammenhängen: Lydia und Junia sind darunter, die auch in der Apostelgeschichte als Unterstützerinnen der ersten Christen aufgeführt werden. Aber auch die Ordensgründerin Brigitta von Schweden, die NS-Widerstandskämpferin Sophie Scholl und die evangelische Theologin Dorothee Sölle.
Aber damit beginnt die Geschichte aus Quakenbrück eigentlich erst. Denn das Licht sollte nicht als Strohfeuer enden. So haben die Frauen ein Jahr lang jeden Monat eine Frauenliturgie organisiert, in der jeweils eine der neuen Apostelinnen vorgestellt wurde. Darunter auch Schwester Lea Ackermann von Solwodi, einer Hilfsorganisation für Frauen, die sich zwangsprostituieren müssen. Die Ordensfrau ist die einzige der zwölf, die noch am Leben ist. „Lea Ackermann war sehr beeindruckt von unserem Engagement und geehrt, als Apostelin bezeichnet zu werden,“ sagt Marlene Macke, die ebenfalls im Kreis der Engagierten ist.
Die Gottesdienste wurden von Frauen geplant und von Frauen gestaltet. Der Pfarrer übernahm nur das Hochgebet – „er wusste nichts, bis er in die Sakristei kam“, lacht Monika Robin. Sie seien sehr auf die Reaktionen aus der Gemeinde gespannt gewesen und hatten auch Kritik erwartet. „Es kam aber nur Positives“, sagt Marlene Macke.
Dadurch, dass Frauen den Gottesdienst gestalten, schauen die Teilnehmenden neu auf die Liturgie, sind die vier einer Meinung. „Das tut auch der Gemeinde gut, wenn nicht immer derselbe Mann vorne steht“, so Birgit Werner. Wobei sie auch finden, dass es ihnen leicht gemacht werde, sich so einzusetzen. Nicht überall sind die Pfarrer so offen und würden die Frauen gewähren lassen. Dabei seien sie sicher nicht revolutionär. „Wir gehen hier einen sanften Weg des Engagements, aber der passt auch am besten zu uns“, sagt Monika Robin. „Wir wollen die Gemeinde mitnehmen“, ergänzt sie und die anderen nicken. Sie würden vor Ort, Schritt für Schritt, Dinge ändern. Dabei nehmen sie auch die Initiativen auf, die von der Bistumsebene kommen. Beispielsweise die Predigtaktionen „Frauen verkünden das Wort“ von 2020, „Wir verkünden das Wort“ von 2021 und „Gottes.Wort.verkünden.“ im Jahr 2022. Frauen und Männer seien dabei beteiligt und nutzten die Aktionswochen, um in den Gottesdiensten zu predigen.
Trotz all den ermutigenden Schritten in Quakenbrück – schaue man auf die ganze katholische Kirche, stünden Frauen weiter oft nur an zweiter Stelle. „Frauen sollten zu Diakoninnen geweiht werden“, sagt Birgit Werner – das wäre ein erster Schritt, dem die Priesterweihe für die Frau folgen müsse. Und auch Gemeindeleitungen durch Frauen kann sie sich sehr gut vorstellen – regulär und nicht nur als „Ausnahmeregelung“, wie derzeit an einigen Orten im Bistum praktiziert.
Bei den Vorbereitungen für die zwölf Gottesdienste haben die Mitglieder der Vorbereitungsgruppe viel gelernt, was das Agieren in der Kirche angeht, wie Texte gut vorgetragen werden und wie eine Predigt aussehen kann, die andere anspricht. Deshalb werden sie die Frauengottesdienste auch fortsetzen. Und sie haben verinnerlicht: Wenn ihr Euch nichts traut und nicht fragt, dann passiert auch nichts. Sie werden also weiterfragen und weitermachen. Das Feuer des Apostelinnen-Leuchters, in Quakenbrück brennt es hell.