Schlicht und eindrucksvoll – die Karwoche und Ostern im Kloster

Im Kloster wird das Evangelium in der Karwoche sowohl im stillen Gebet, in schlichten liturgischen Zeichen und in tiefer Gemeinschaft lebendig. Hier finden Sie einen Erfahrungsbericht aus der Mitte des klösterlichen Lebens der Benediktinerinnen vom Heiligsten Sakrament in Osnabrück:
Die Kar- und Ostertage bilden den geistlichen Höhepunkt und zugleich die intensivsten Tage des ganzen Jahres im Kloster. Wir begehen sie im beständigen Gebet. Die Tagesstruktur ist in dieser Zeit ganz auf das liturgische Geschehen ausgerichtet – sie unterscheidet sich spürbar vom übrigen Jahr.

An Gründonnerstag, Karfreitag und Karsamstag beginnen wir den Tag jeweils mit den Trauermetten der Karwoche. Dabei pflegen wir den alten „Tenebrae“ (wörtl. Dunkelheit“, „Finsternis“)-Ritus: Ein großer, dreieckiger Leuchter mit 15 Kerzen wird vor dem Altar aufgestellt. Nach jedem gebeteten Psalm löschen wir eine der (gelben) Kerzen, eine nach der anderen – ein Symbol für das zunehmende Verlassen Jesu durch seine Jünger, für die sich verdichtende Dunkelheit der Welt und das Herannahen seines Todes. Nur eine Kerze bleibt bis zuletzt brennend: die weiße an der Spitze des Leuchters. Sie steht für die Hoffnung auf die Auferstehung. Jedes Jahr ist dieser schlichte aber eindrucksvolle Ritus für uns berührend.
Durch die Stundenliturgie und den gemeinsam gebeteten Kreuzweg vollziehen wir in diesen Tagen betend und liturgisch Stunde um Stunde die in den Evangelien überlieferten Ereignisse nach. Besonders dicht erleben wir dies am Karfreitag: von der Gefangennahme Jesu in Getsemani während der eucharistischen Anbetung in der Nacht und der morgendlichen Karmette über seine Befragung durch den Hohepriester und Pilatus, seine Geißelung, den Kreuzweg und die Kreuzigung zur Zeit der Terz und der Mittagshore – bis hin zur Sterbestunde um 15 Uhr in der Karfreitagsliturgie. Die für Antiphonen (Wechselgesänge, die einen Psalm einleiten bzw. abschließen), Psalmen und Gebete lassen das überlieferte Geschehen lebendig werden. In monastischer Tradition feiern wir die Stundenliturgie in diesen Tagen besonders schlicht, reduziert auf wenige Elemente. Um dies auch optisch erlebbar zu machen, wird in der Kapelle lediglich das Allernötigste belassen – Decken, Teppiche und Pflanzen werden entfernt.
Der Karsamstag ist der Tag der Grabesruhe – und zugleich ein Tag der leisen Hoffnung. In der Liturgie dieses Tages beginnen zarte Hoffnungszeichen aufzukeimen: „Dein Antlitz werde ich schauen; und wenn ich erwache, werde ich satt sein an deiner Gestalt.“ – „Jerusalem, der Herr wird dich neu erbauen; er wird heilen, er verbindet deine Wunden.“

Während wir die Kirche und die Gemeinschaftsräume für das Osterfest vorbereiten und das Osterfeuer herrichten, wächst in uns die Erwartung auf das neue Leben. In der Osternacht – mit der Segnung des neuen Feuers, der Osterkerze, den biblischen Lesungen und dem neu erklingenden Alleluja, das in der Karwoche nicht gesungen wurde – feiern wir die Auferstehung Jesu Christi. In der klösterlichen Liturgie geschieht das nicht laut und überschwänglich, sondern still und allmählich: Das neue Leben wird langsam geboren.
Weitere Infos
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- Hier gibt es weitere Informationen zur Gemeinschaft der Benediktinerinnen vom Heiligsten Sakrament in Osnabrück.
Besonders spürbar wird das am Ostermorgen im Eröffnungsgesang der heiligen Messe, dem „Resurrexi, et adhuc tecum sum, alleluja“ („Ich bin auferstanden und bin immer bei dir. Halleluja.“) Es ist kein triumphaler Jubelruf. Vielmehr klingt in ihm noch das Leid des Karfreitags nach – so, als spürte der Auferstandene selbst die Wunden noch in den Gliedern. Genau das bewegt uns immer wieder aufs Neue: dass der Osterjubel nicht auf einen Schlag da ist, sondern wachsen darf. Denn der Weg dorthin war schwer.
Ein Chorallehrer sagte uns einmal: „Ostern kann man nicht übertreiben – Ostern darf alles kosten.“ Das stimmt! Ostern ist nicht billig zu haben. Nur wer bereit ist, mit Jesus den Weg durch Leiden und Tod zu gehen, kann in die Tiefe des Osterjubels vordringen. Das Geheimnis von Tod und Auferstehung ist so existenziell, so anspruchsvoll, dass wir es Jahr für Jahr immer wieder neu durchleben und einüben müssen – bis wir eines Tages vielleicht bereit sind, es an uns selbst zu erfahren.