Einander dienen – ein spannendes Konzept

Hände
Bild: unsplash.com, Sincerely Media

Leute aus dem Dorf brachten Kinder zu Jesus, damit er sie berühre. Aber die Jüngerinnen und Jünger herrschten sie an. Als Jesus das sah, wurde er wütend und sagte zu ihnen: „Lasst die Kinder zu mir kommen und hindert sie nicht daran, denn sie gehören zu Gottes Reich. Ja, ich sage euch: Nur wer Gottes Reich wie ein Kind aufnimmt, wird dort hineingelangen.“ Und er nahm die Kinder in die Arme, segnete sie und legte die Hände auf sie.

Markus 10,13-16 (Bibel in gerechter Sprache)

„Aber die Jüngerinnen und Jünger herrschten sie an.“ Das griechische Verb, das sich hinter „anherrschen“ verbirgt, benutzt der Autor des Markusevangeliums auch, wenn es um die Austreibung von unreinen Geistern/Dämonen geht. Es bringt zum Ausdruck, dass eine Person mit mehr (Wirkungs-)Macht spricht, wie auch „herrschen“ in „anherrschen“ steckt. Die Jünger:innen, die in Mk 9,14-29 nicht dazu in der Lage sind, einen unreinen Geist aus einem Jungen auszutreiben, spielen nun an dieser Stelle gegenüber den Erwachsenen und Kindern ihre ganze Überlegenheit als Jesu Jünger:innen aus. Jesus schreitet nicht nur wütend über solches Verhalten ein, sondern stellt das Kind als Vorbild in die Mitte.

Bei „Kind“ können wir hier alle „Kleinsten“ und Unbedeutenden einer Gesellschaft mitdenken. Den Kindern und Kleinsten ist gemeinsam, dass sie in der Regel nichts besitzen und ihnen in vielen Bereichen Handlungsvollmacht und auch Wirksamkeit fehlt. Sie sind auf Unterstützung anderer angewiesen. In damaliger Zeit wurden zudem Kinder und die einfachen, unbedeutenden Menschen als Dienende eingesetzt. Somit repräsentieren sie, wie Jesus sich das Verhältnis der Menschen untereinander vorstellt: einander dienend.

Das Bibelfenster

Hier kommentieren jede Woche Menschen aus dem Bistum Osnabrück eine Bibelstelle aus einer der aktuellen Sonntagslesungen – pointiert, modern und vor allem ganz persönlich.

Haben Sie eine Frage? Eine ganz andere Idee zum Thema? Oder möchten das Bibelfenster als kostenlosen Newsletter abonnieren?

Dann schreiben Sie uns!
An bibelfenster@bistum-os.de

Ich selbst mag es überhaupt nicht, wenn ich mich durch das Verhalten anderer „klein“ fühle. Deshalb lädt mich diese scheinbar kleine Begebenheit ein, meine Gestaltung von Beziehungen zu betrachten.
Wie begegne ich meinen Mitmenschen, sei es in der Familie, im Privaten, sei es in ehrenamtlichen und dienstlichen Kontexten? Was vermittle ich meinem Gegenüber gerade auch, wenn es ein Machtgefälle beispielsweise durch Wissensvorsprung oder höherer Position gibt?
Das kann ich nicht allein herausfinden, dazu brauche ich Rückmeldung von anderen, die mir ihre Wahrnehmung spiegeln. Einander dienen – für mich ein bleibend spannendes Konzept, auch immer mal wieder eine Herausforderung!

Übrigens: Impulse zum herausfordernden Wort Jesu zur Ehescheidung im ersten Teil des Sonntagsevangeliums (Mk 10,2-12) bietet Annette Jantzen unter „Gotteswort weiblich“.

Inga Schmitt