Die Kunst des Timings

In jener Zeit kam Jesus in ein Dorf. Eine Frau namens Marta nahm ihn gastlich auf. Sie hatte eine Schwester, die Maria hieß. Maria setzte sich dem Herrn zu Füßen und hörte seinen Worten zu. Marta aber war ganz davon in Anspruch genommen zu dienen. Sie kam zu ihm und sagte: Herr, kümmert es dich nicht, dass meine Schwester die Arbeit mir allein überlässt? Sag ihr doch, sie soll mir helfen! Der Herr antwortete: Marta, Marta, du machst dir viele Sorgen und Mühen. Aber nur eines ist notwendig. Maria hat den guten Teil gewählt, der wird ihr nicht genommen werden.
Lukas 10,38-42
Irgendwie hatte ich gehofft, dass es in diesen Wochen etwas ruhiger ist und meine Welt etwas langsamer läuft. Sommerpause: weniger Termine, Gelegenheit zur Ablage, Zeit dafür, dass ein oder andere einmal weiter und neu zu denken. Und auf einmal waren die Wochen wieder randvoll. Und die Urlaubsvorbereitungen kommen noch obendrauf. Viel Gewusel also … und abends komm ich vor lauter Müdigkeit nicht ins Bett und swipe mich von Reel zu Reel auf Instagram.
Da finde ich mich in Martha wieder. Auch sie tut und macht, kümmert sich das alles funktioniert. Und bleibt dabei selbst irgendwie auf der Strecke.
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Maria macht es anders: Sie hält kurz ihre Welt an und setzt sich zu Jesus. Sie lässt die Arbeit liegen, nicht aus Faulheit, sondern weil sie merkt: Jetzt ist zuhören wichtiger als machen. So hört sie Jesus zu, ist ganz in der Begegnung mit ihm und lebt den Moment. Ich spüre zwischen den Zeilen, wie gut es ihr tut. Und Jesus sagt: Das ist der gute Teil.
Vielleicht geht’s gar nicht um ein Entweder–Oder, sondern um das richtige Timing. Es gibt Zeiten zum Machen, zum Neuschaffen, zum To-Do-Listen abarbeiten. Und es gibt Zeiten zum Nichts tun, zum still Werden, zum Hören auf das, was mich bewegt, wofür ich leben will und auch auf das, was Gott mir sagt. Eben eine Zeit, um kurz einmal die eigene Welt anzuhalten.
Die Kunst des Timings besteht wohl darin, diese Zeiten nicht nur auf den Sommerurlaub zu schieben, sondern sich auch im Alltag immer wieder kurze Anhaltepunkte zu gönnen. Den Segen Jesus haben wir in jeden Fall dazu.
Bernd Overhoff