Das Kreuz mit dem Kreuz
Christus Jesus war Gott gleich, hielt aber nicht daran fest, Gott gleich zu sein, sondern er entäußerte sich und wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich. Sein Leben war das eines Menschen; er erniedrigte sich und war gehorsam bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz. Darum hat ihn Gott über alle erhöht und ihm den Namen verliehen, der größer ist als alle Namen, damit alle im Himmel, auf der Erde und unter der Erde ihr Knie beugen vor dem Namen Jesu und jeder Mund bekennt: „Jesus Christus ist der Herr“ – zur Ehre Gottes, des Vaters.
Philipper 2,6-11
Es ist schon ein Kreuz mit dem Kreuz, oder? Was meinen Sie: War der grausame Foltertod das Ziel des Lebens Jesu oder ein notwendiges Mittel, weil wir nur so „erlöst“ werden konnten? Wollte Gott das Leiden seines Sohnes? Eine Frau, deren Sohn in jungen Jahren tragisch starb, hat mir mal gesagt: „Ein Gott, der seinen eigenen Sohn opfern muss oder will, damit es wieder gut ist zwischen ihm und den Menschen, ein solcher Gott kann mir gestohlen bleiben!“ Der Satz geht mir bis heute nach.
„Gehorsam bis zum Tod am Kreuz“ – ich glaube nicht, dass Jesus das Kreuz gewollt und gesucht hat. Doch er ist ihm auch nicht ausgewichen. Sein Gehorsam besteht für mich darin, der Liebe treu geblieben zu sein, „denn Gott ist die Liebe“ (1 Joh 4,8). Und wo Liebe auf Lieblosigkeit trifft, ist sie mit Leiden verbunden. Gott hat den Kreuzestod geschehen lassen, aber nicht bewirkt – diese Unterscheidung ist wesentlich für meinen Glauben: Gott kann doch nicht tun, was er nicht wollen kann – und unschuldiges Leiden kann er nicht wollen, das wäre eine moralische Sauerei! Das gilt auch für so viel anderes Übel in der Welt.
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Gott „erhöht“ Christus, er kann aus Üblem Gutes folgen lassen, seine Liebe ist stärker als Leid und Tod – nur lasse ich mir nicht schönreden, was hässlich bleibt! Die Erhöhung Jesu, seine Rettung und Rechtfertigung geschieht nicht, weil er unschuldig gelitten hat, sondern obwohl. Die bohrende Frage nach dem Warum des Übels bleibt für mich auch nach Ostern offen, zugleich gibt Ostern Hoffnung auf eine Antwort.
So bleibt für mich das Kreuz selbst ein Übel. Darum tu ich mich schwer mit so manchem in der Liturgie, etwa mit der Kreuzverehrung am Karfreitag. Und doch kann sie sinn-voll sein, kann das Kreuzzeichen ein Heilszeichen sein: denn im Kreuz ist Heil und Leben, trotzdem …
Martin Splett