Eine Chance für Abudi

Stipendium, Freiwilligendienste,
Bild: Caritas/Sebastian Hamel

Der junge Syrer Abdulwahab Ghannam hat in Deutschland Fuß gefasst: Nach einem Jahr Bundesfreiwilligendienst (BFD) in Lingen an einer Förderschule mit dem Schwerpunkt Geistige Entwicklung hat er im vergangenen Sommer eine Ausbildung zum Sozialassistenten begonnen. Unterstützt wird er dabei durch ein Freiwilligenstipendium vom Caritasverband für die Diözese Osnabrück und vom Bistum Osnabrück.

„Abudi, Abudi!“, rufen gleich mehrere Schüler der Mosaik-Schule in Lingen, als sie Abdulwahab Ghannam erblicken. Nacheinander fallen sie dem jungen Syrer um den Hals, als er seiner früheren Wirkungsstätte einen Besuch abstattet. Ein Jahr lang hat er an der Förderschule mit Schwerpunkt Geistige Entwicklung einen Bundesfreiwilligendienst (BFD) abgeleistet. Bei seinem vollen Namen nennt ihn dort niemand: Für alle ist er Abudi. Schüler, Lehrer und die Mitarbeitenden in der Verwaltung haben den jungen Mann ins Herz geschlossen.

Stipendium für Ausbildung

Inzwischen hat der 21-Jährige ein weiteres Kapitel in seinem Leben aufgeschlagen. An der Marienhausschule in Meppen macht Ghannam derzeit eine zweijährige Ausbildung zum Sozialassistenten. Dabei erhält er eine besondere Förderung: Er ist einer von 20 jungen Menschen, die im vergangenen Sommer ein Freiwilligenstipendium des Bistums Osnabrück und des Caritasverbands für die Diözese Osnabrück bekommen haben. Um ein solches Stipendium kann sich bewerben, wer einen Freiwilligendienst im Bistum geleistet hat und die Absicht verfolgt, nach Ausbildung oder Studium in einer Einrichtung der Caritas oder des Bistums zu arbeiten. Die Förderung umfasst bis zu 150 Euro monatlich bei einer Ausbildung und bis zu 300 Euro bei einem Studium, jeweils für maximal drei Jahre.

Ghannam hat den Zuschlag und damit eine riesige Chance erhalten. Seit gut zwei Jahren lebt der junge Mann mit seinen Eltern und drei Geschwistern in Meppen, nachdem die Familie aus ihrer syrischen Heimatstadt Homs flüchten musste. In der emsländischen Kreisstadt kam er in Kontakt mit Hermann Kiepe und dessen Frau Ursula Schlömer-Kiepe, die sich beide in der Flüchtlingshilfe engagieren. Hermann Kiepe ist Leiter der Mosaik-Schule, die sich in Trägerschaft des Christophorus-Werks Lingen befindet. Er wollte Ghannam beim Einstieg ins Berufsleben unterstützen und erkundigte sich bei der Arbeitsstelle Freiwilligendienste beim Bistum Osnabrück, ob ein BFD auch für Flüchtlinge möglich sei. Die Rückmeldung fiel positiv aus und nach einem Hospitationstag, bei dem der junge Mann die Einrichtung kennenlernte, konnte er im August 2016 den Dienst beginnen.

Mit auf Klassenfahrt

„Am Anfang war es sehr schwer“, erinnert sich der Syrer. „Ich konnte kaum Deutsch sprechen und habe die Aufträge nicht verstanden.“ Doch das änderte sich schon bald – und Ghannam mischte kräftig mit. So half er den Kindern im Unterricht und im Schulalltag, betreute einzelne Schüler wie auch Gruppen und begleitete sogar Klassenfahrten. „Abudi hat schnell ein freundschaftliches Verhältnis zu den Schülern aufgebaut“, sagt Schulleiter Kiepe rückblickend und fügt hinzu: „Die haben ihn geliebt.“

 

Auch an den regelmäßigen begleitenden Seminaren nahm Ghannam teil, wo es zum Austausch mit anderen Freiwilligendienstlern kam. Betreut wurden die Treffen von Jan Zander, Mitarbeiter der Arbeitsstelle Freiwilligendienste beim Bistum und zuständig für den BFD mit Flüchtlingsbezug. „Ich habe gesehen, dass er sich deutlich gesteigert hat im Laufe der Seminare“, berichtet Zander mit Blick auf Deutschkenntnisse und Motivation.

Erfolgreiche Bewerbung

Bald stellte sich für Abdulwahab Ghannam die Frage, wie es nach dem Dienstjahr weitergehen sollte. „Erst hatte ich noch gar keinen Plan“, erinnert er sich. Mit der Zeit habe er aber den Wunsch entwickelt, weiterhin im sozialen Bereich tätig zu sein. Über die Betreuung im Freiwilligendienst erfuhr er zudem von dem Stipendium und reichte mithilfe seiner Mentoren die Bewerbungsunterlagen bei der Steuerungsgruppe von Caritas und Bistum ein, die über die Zuwendungen entscheidet. Mit Erfolg: Das Stipendium umfasst dabei nicht nur eine finanzielle, sondern auch eine persönliche Förderung und Begleitung in Form von Gesprächen und Seminaren.

Weitere Infos

… zu den Freiwilligendiensten im Bistum Osnabrück finden Sie auf freiwilligendienste-bistum-os.de

Im Zuge seiner Ausbildung drückt der angehende Sozialassistent derzeit an drei Tagen pro Woche die Schulbank, an zwei Tagen arbeitet er in einem katholischen Kindergarten. „Die Schule ist nicht leicht, aber es läuft gut und ich bekomme positive Rückmeldungen von den Lehrern“, erzählt der 21-Jährige. Und wer weiß: Sollte er anschließend die Ausbildung zum Erzieher absolvieren, könnte sein beruflicher Weg auch zurück an die Mosaik-Schule führen. Dorthin, wo die Schüler noch heute von „ihrem“ Abudi schwärmen.