Energiekosten runter, Ökumene rauf
Wenn es kalt draußen ist, rückt man zusammen, damit es wärmer wird: Das haben jetzt die katholische und die evangelisch-lutherische Gemeinde in Schledehausen gemacht. Sie nutzen beide bis zum Ende des Winters nur noch eine Kirche. Grund sind die hohen Heizkosten. Dabei hat die Idee ein Vorbild in der Geschichte.
St. Laurentius hier, St. Laurentius dort – beide Kirchen in Schledehausen sind nach demselben Heiligen benannt. So gesehen verbindet die Konfessionen im kleinen Ort unweit von Osnabrück schon Vieles. Jetzt hat die Energiekrise, hervorgerufen durch die Folgen des Krieges in der Ukraine, noch für eine engere Bindung gesorgt. „Wir hatten uns schon früh im Kirchenvorstand Gedanken gemacht, wo wir im Winter Gottesdienst feiern wollen“, erzählt der Pastor der evangelischen Gemeinde, Tobias Patzwald. Grund war der Kostenbescheid des Energieversorgers für ihre Kirche: Sie sollten acht Mal mehr für das Gas bezahlen, als bisher. Das hätte Mehrkosten in Höhe eines fünfstelligen Betrages bedeutet – also große finanzielle Belastungen für die Gemeinde.
Geheizt werden muss sowieso
Es war noch keine Lösung in Sicht, da traf sich die evangelische Pfarrsekretärin mit ihrer katholischen Kollegin. Während des Gesprächs erzählte die eine der anderen von der „Herbergssuche“. Und so kam die Idee zustande: Warum feiert ihr die Sonntagsgottesdienste nicht bei uns? In beiden Gemeindeleitungen fand der Vorschlag offene Ohren. „Für uns ist das kein Problem, wenn am Sonntag nach der Messe noch ein evangelischer Gottesdienst in der Kirche stattfindet“, sagt Thomas Steinkamp, der Pfarrbeauftragte der Pfarreiengemeinschaft Bissendorf-Schledehausen. Er meint das sowohl theologisch, wie auch praktisch: Denn geheizt werden muss die Kirche für die katholische Feier sowieso, wobei die Kosten vor allem am Anfang, wenn die Temperatur hochfährt, entstehen. „Ob dann noch eine Stunde mehr oder weniger geheizt wird, ist eher zweitrangig. Deshalb hat der Kirchenvorstand einstimmig beschlossen, keine Miete zu verlangen“, sagt Steinkamp. Auch spare die evangelische Gemeinde nichts, sondern zahle ähnlich viel, wie die Jahre zuvor, sagt Pastor Patzwald.
Handlungsempfehlungen zum Heizen in Kirchen
Wie stark muss eine Kirche beheizt werden? Was ist im Umgang mit der Orgel und den Kunstgegenständen zu beachten? Und wo gibt es noch Möglichkeiten, Energie zu sparen? Die Abteilung Kirchengemeinden im Bischöflichen Generalvikariat hat Handlungsempfehlungen zum verantwortungsbewussten temperieren von Kirchen herausgegeben. Sie stehen hier zum Download bereit.
Die gemeinsame Zeit begann mit einem ökumenischen Gottesdienst im November. Seitdem folgt sonntags der evangelische Gottesdienst um 10.30 Uhr dem katholischen, der schon um 9.00 Uhr startet. Bis in den März hinein wollen sie das so beibehalten. Nur ab und an, wie am ersten Advent und an Weihnachten, wird die evangelische St. Laurentiuskirche aus dem sieben-Grad-Winterschlaf geweckt.
Die Glocken läuten für alle
Für die „geistliche Wohngemeinschaft“ gibt es sogar ein Vorbild aus der Geschichte: Von 1803 bis 1898 herrschte in Schledehausen ein sogenanntes Simultaneum. Beide Konfessionen nutzten damals – auf Vermittlung des Osnabrücker Juristen Justus Möser – die heute evangelische Kirche. Das ging so lange gut, bis die Katholiken dann ihre eigene Kirche bauen wollten – in der jetzt auch die evangelischen Gottesdienste stattfinden.
Im Unterschied zu damals, als man sich wohl eher zähneknirschend auf den gemeinsamen Ort für die Gottesdienste einigte, ist heute aber das Verhältnis zwischen den evangelischen und katholischen Christen sehr viel besser: „In Schledehausen läuft es gut mit der Ökumene“, sagt Ilse Radeke-Tholen aus dem evangelischen Kirchenvorstand. Das gemeinsame Patronatsfest verbindet, es gibt eine ökumenische Pfingstfeier und auch viele persönliche Kontakte – wie das Treffen der Pfarrsekretärinnen.
Dass die Ökumene gut läuft, sieht man auch daran, dass es keinen Protest aus den Gemeinden gegen die Regelung gibt. Die gemeinsame Nutzung der Kirche sehen wohl viele in Zeiten der Energiekrisen eher pragmatisch. Und: „Es war schon früher so, dass die katholischen Glocken ab und an zum evangelischen Gottesdienst gerufen haben, weil sie kurz vorher begonnen haben zu läuten“, sagt Thomas Steinkamp.