Ereignisse in Kopf und Herz

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Bild: canva.com

Am nächsten Tag stand Johannes wieder da und zwei aus der Gruppe seiner Jüngerinnen und Jünger.
Johannes richtete seinen Blick auf Jesus, wie er vorbeiging, und sagte: »Hier ist das Lamm Gottes.« Die beiden aus der Gruppe der Jüngerinnen und Jünger hörten ihn sprechen und folgten Jesus.
Jesus drehte sich um und sah sie, wie sie folgten, und sagte ihnen: »Was sucht ihr?« Sie sagten ihm: »Rabbi – was übersetzt Lehrer bedeutet –, wo bist du zu Hause?« Er sagte ihnen: »Kommt und seht!« Da kamen sie und sahen, wo er wohnte, und blieben bei ihm jenen Tag. Es war ungefähr vier Uhr nachmittags.
Andreas, der Bruder des Simon Petrus, war einer von den beiden, die Johannes gehört hatten und Jesus gefolgt waren. Dieser fand zuerst seinen Bruder Simon und sagte ihm: »Wir haben den Messias gefunden« – was übersetzt Christos oder der Gesalbte heißt. Er brachte ihn zu Jesus. Jesus richtete seinen Blick auf ihn und sagte: »Du bist Simon, der Sohn des Johannes, du wirst Kephas genannt werden« – was übersetzt Petrus oder Felsbrocken heißt.

Johannes 1, 35–42 (Bibel in gerechter Sprache)

Jede und jeder von uns erinnert sich bestimmt an einige Lebensereignisse ganz genau. Für mich sind das zum Beispiel das erste Mal als ich in Rom war, das Datum meines ersten Kusses, die erste Begegnung mit meiner Frau oder die Geburt meiner beiden Söhne. Zu diesen und weiteren Geschehnissen könnte ich den genauen Zeitpunkt nennen und die Erfahrung, das Erlebte ziemlich genau wiedergeben. So ähnlich scheint es in diesem Abschnitt am Anfang vom Johannesevangelium zu sein: Als die ersten zwei Jünger Jesus das erste Mal begegneten und ihn kennenlernten war es „ungefähr vier Uhr nachmittags.“ Dieser Moment, diese Begegnung löst etwas aus. Prägende Ereignisse im Leben behält man ganz genau im Herz und im Kopf.

Das Bibelfenster

Hier kommentieren jede Woche Menschen aus dem Bistum Osnabrück eine Bibelstelle aus einer der aktuellen Sonntagslesungen – pointiert, modern und vor allem ganz persönlich.

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Funktioniert das auch mit geistlichen Erfahrungen – sprich mit Gottesbegegnungen? Ich meine – ja!

Klar, wir sind nicht in der gleichen Lage wie die ersten Jüngerinnen und Jünger, die Jesus hautnah erleben durften. Irgendwie bleiben unsere Begegnungen mit Gott von einer gewissen subjektiven Wahrnehmung gekennzeichnet. Aber trotzdem wirken sie wie andere konkrete Ereignissen im Leben. Bei meinen ersten Exerzitien in meiner Jugendzeit wurde mir bewusst, dass ich eine persönliche Beziehung mit Gott pflegen kann. Eine tiefe Versöhnung mit Gott konnte ich dank eines Gesprächs mit einer evangelischen Pastorin erleben. An den Tag kann ich mich noch sehr genau erinnern – und seine Wirkung immer noch nachspüren.

Was wären Ereignisse, wo Sie Gott ganz nah erfahren konnten in Ihrem Leben?
Wie wirkt in Ihnen die Erinnerung an solche Erfahrungen?
Vielleicht hilft es am Anfang eines neuen Jahres, sich solche wichtigen und prägenden Begegnungen in Erinnerung zu rufen und sich dazu wieder neu zu öffnen für die neue und immer wieder überraschende Weise, wie sich Gott im Alltag zeigt.
Der Jesuit Alfred Delp fasste ein solches Erlebnis 1944 in folgende Worte:

„Das eine ist mir so klar und spürbar wie selten:
Die Welt ist Gottes so voll.
Aus allen Poren der Dinge quillt uns dies gleichsam entgegen.
Wir bleiben in den schönen und in den bösen Stunden hängen.
Wir erleben sie nicht durch bis zu dem Punkt, an dem sie aus Gott hervorströmen.
Das gilt für das Schöne und auch für das Elend.
In allem will Gott Begegnung feiern und fragt und will die anbetende, liebende Antwort.
Die Kunst und der Auftrag ist nur dieser, aus diesen Einsichten und Gnaden dauerndes Bewusstsein und dauernde Haltung zu machen bzw. werden zu lassen. Dann wird das Leben frei in der Freiheit, die wir oft gesucht haben. “

Roberto Piani