Erinnerungen an Kardinal Lehmann
Vor wenigen Tagen ist Karl Kardinal Lehmann gestorben. Das hat mich bewegt. Ich durfte ihn als „Anfänger“ im Bischofsamt wenigstens noch für kurze Zeit sogar auf Bischofskonferenzen und bei anderen Begegnungen erleben. Und ich kann nur sagen: Alle Nachrufe und Kommentare zu dieser außergewöhnlichen Persönlichkeit und ihrem theologischen wie seelsorgerischen Wirken kann ich nur bestätigen!
Für mich in meinem Dienst und im Blick auf mein Verständnis von Glaube und Kirche besteht ein wichtiges Vermächtnis von Karl Lehmann darin, dass er Kirche und Welt nicht als zwei einander gegenüber stehende Größen betrachtet hat, die mal mehr, mal weniger Berührung miteinander haben. Für ihn war klar: Glaube und Kirche gibt’s nur in und mit der Welt, sie sind ein Teil der Welt, und der Auftrag besteht darin, mit wirklich allen Menschen guten Willens daran mitzuwirken, für die Welt, für die Menschen und die Schöpfung einzutreten. Karl Lehmann hat dabei erkannt: So Glaube zu leben, so Kirche zu sein, das geht nur, wenn wir dazwischen sind, Interesse zeigen (manchmal hat er gesagt: „Man muss überall hingehen und sich Zeit nehmen“) für das, was die Welt prägt und ausmacht – nicht anbiedernd, sondern kritisch-konstruktiv, und möglichst auf dem bestmöglichen intellektuellen Niveau. Und wenn ich ihm zugehört, ihn beobachtet habe, habe ich auch immer gespürt, was es heißt, dass sich eine solche offene Haltung und große Loyalität mit der Kirche gerade nicht ausschließen, sondern einander bedingen.
Über den Autor
Johannes Wübbe ist Weihbischof in unserem Bistum. Auf wen er in seinem Alltag trifft und was ihn bewegt – wir werden das in seinen Blogbeiträgen verfolgen.
Das letzte Mal hatte ich enger mit Kardinal Lehmann zu tun, als wir die Festschrift zum silbernen Bischofsjubiläum unseres Bischof Franz-Josef geplant und erstellt haben. Als Weihbischof em. Kettmann und ich bei ihm angefragt haben, ob er einen Beitrag leisten möchte, hat er sofort und gerne zugesagt. Ich fand aber bezeichnet, dass er zu einem anderen Thema arbeiten wollte, als wir ihm vorgeschlagen hatten: zu den Weichenstellungen der Enzyklika Amoris laetitia. Karl Lehmann war, glaube ich, sehr einverstanden mit dem Weg, den Papst Franziskus, der in diesen Tagen sein fünfjähriges Amtsjubiläum feiert, insgesamt eingeschlagen hat. Er konnte sich da in Vielem wiederfinden. Was er immer fördern wollte, ist, dass wirklich über die entscheidenden Fragen diskutiert und um menschen- wie gottgerechte Antworten gerungen wird.
Ich wünsche mir auch für die nächste Phase der Kirchengeschichte Gläubige mit ihren verschiedenen Diensten und Aufgaben und auch besonders Bischöfe, die diesen Weg auf den Spuren eines Karl Lehmann mutig weitergehen! Lieber Mitbruder Karl: Mögest du ruhen in Frieden!
Lieber Johannes herzlichen Dank für deinen Beitrag. Ich habe ihn bei seinem Vortrag in Osnabrück erlebt und er hat mir aus der Seele gesprochen. Dankbar ich ihm für seinen Widerstand gegen Kardinal Meisner. Er hat dadurch die Kirche in Deutschland sehr positiv geprägt. Lg Heinz-Bernd Wolters