Essen für Körper und Seele

Essen als gesicht drappiert
Bild: unsplash.com, Klaus Nielsen

„Essen hält Leib und Seele zusammen“, sagt ein altes Sprichwort. Dass Essen viel mehr ist, als Nahrungsaufnahme und wir damit auch unserer Seele etwas Gutes tun können, davon ist auch Sandra Berghaus-Lusmöller überzeugt. Im Interview gibt die stellvertretende Küchenleitung und Fachbereichsleitung Essen und Trinken in der Katholischen Familienbildungsstätte Osnabrück (FABI) Tipps, wie Sie sich auch im Alltag kleine Oasen für die Seele schaffen können.

Was heißt für Sie: Kochen bzw. Essen für Körper und Seele?

Sandra Berghaus-Lusmöller: Kochen ist ein Bedürfnis, Genießen eine Kunst. Essen und Seele gehören zusammen und hat mit dem Spaß und der Freude am Essen selber zu tun.  Das ist für jede und jeden unterschiedlich. Für manche ist es ein Stück Schokolade zwischendurch, für andere das Zelebrieren einer Mahlzeit: Was möchte ich kochen? Wo kaufe ich ein? Wie bereite ich es zu? Dann wird der ganze Abend ein Genuss – alleine, zu zweit oder in geselliger Runde, in der man sich austauschen und unterhalten kann.

Sandra berghaus-Lusmöller

Welche Rolle spielt Gesellschaft beim Essen?

Sandra Berghaus-Lusmöller: Eine große! Es tut der Seele gut, wenn ich mich bei einer gemeinsamen Mahlzeit austauschen, den Tag Revue passieren lassen kann.

Wenn ich alleinstehend bin: Wie kann ich mir und meiner Seele etwas Gutes tun?

Sandra Berghaus-Lusmöller: Manchmal gibt es die Möglichkeit, die Mittagspause gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen zu verbringen. Schön kann es sein, mit Freunden oder Verwandten in einer gewissen Regelmäßigkeit gemeinsam zu essen – vielleicht auch mal in einem Restaurant. In der FABI bieten wir Kochkurse, Kochklubs und einen Mittagstisch in unserem Bistro an. Vielleicht ist es ganz schön, einfach mal neue Menschen kennen zu lernen und zu schauen, was sich draus ergibt.

Welche Rolle spielt das Ambiente bei einer Mahlzeit?

Sandra Berghaus-Lusmöller: Gerade wenn ich alleinstehend bin, würde ich mir den Tisch immer schön herrichten. Ein angenehmes Umfeld macht das Essen ansprechender und es ist etwas, was ich für mich und für meine Seele tue: Ich mache es mir schön, auch wenn ich alleine bin. Grundsätzlich isst das Auge mit – egal ob es der Raum ist, ob es der nett angerichtete Teller, eine kleine Blume, vielleicht vom Wegesrand gepflückt, oder eine bunte Tischdecke. Es muss ja nichts Üppiges sein. Wenn es ein aufwändigeres Essen gibt, an einem Feiertag, Geburtstag, Namenstag oder Hochzeitstag, dann würde ich dem Anlass entsprechend den Tisch dekorieren.  

Muffins essen zu zweit mit Grünpflanze auf dem Tisch
Es muss nichts Üppiges sein: Eine Tischdecke oder eine kleine Blume tun der Seele gut.

Gibt es ein Gericht, dass der Seele besonders guttut?

Sandra Berghaus-Lusmöller: Ein Gericht, das ich wirklich mag, muss nicht aufwändig sein. Wir grillen zuhause gern ein gutes Stück Rindfleisch und ich mache dann Gemüse und Kartoffeln aus der Pfanne dazu. Das ist gar nicht kompliziert oder aufwändig. Es sind einfache Zutaten, lecker zubereitet, ohne Schnörkel, aber wir genießen es.

Was mache ich, wenn ich davon überzeugt bin, gar nicht kochen zu können? Kann ich auch mit einer Tütensuppe die Seele erfreuen?

Sandra Berghaus-Lusmöller: Oft wird von außen der Anschein erzeugt, dass gutes Essen etwas Schwieriges ist. Diesen Druck sollte man sich nicht machen. Wenn ich und mein Partner oder meine Partnerin eine bestimmte Tütensuppe lecker finden, dann haben wir doch alles erreicht: Wir sitzen uns gegenüber und freuen uns auf diese Suppe. Wenn es darum geht, der Seele etwas Gutes zu tun, muss ich nicht ständig darüber nachdenken, ob meine Mahlzeit ernährungsphysiologisch ausgewogen ist. Der Seele geht es gut, wenn ich das esse, worauf ich Lust habe. Jedoch sollte auch klar sein: Ich kann nicht jeden Tag eine Tafel Schokolade essen und dann hoffen, dass ich bei Größe 40 stehen bleibe. Ein gesundes Mittelmaß ist gut – seinem Körper durch gesunde Ernährung etwas Gutes tun und gleichzeitig genießen – wobei sich das nicht ausschließt.

Was raten Sie Familien mit kleinen Kindern, bei denen es am Tisch turbulenter zugeht. Gibt es dort eine Möglichkeit, nicht nur etwas in den Magen zu bekommen, sondern auch etwas für die Seele zu tun?

Sandra Berghaus-Lusmöller: Es gibt bestimmte Phasen im Leben, in denen das etwas schwieriger ist. Aber in dem Moment, in dem sich Eltern die Zeit für eine Mahlzeit einplanen, sich Gedanken darüber machen, was die Kinder zu essen bekommen, was sie mögen, haben sie schon etwas für das Wohlbefinden der Kinder getan. Vielleicht steht auf dem Familientisch keine Blumenvase, sondern ein buntes Spielauto ihres Kindes, aber das ist ja auch schon eine Art von Deko.

Wie kann man Achtsamkeit beim Zubereiten von einer Mahlzeit und beim Essen schulen?

Sandra Berghaus-Lusmöller: Die Zeit zum Zubereiten und zum Essen muss man sich einplanen und nehmen. Selbst für einen Eintopf muss man häufig viele Zutaten schneiden und es dauert, bis er fertig ist. Man sollte sich dann auch die Zeit zum Essen nehmen. Es sind Ruhepausen für den Körper. In Familien ist es oft so, dass alle zu unterschiedlichen Zeiten nach Hause kommen. Wir haben uns in meiner Familie trotzdem die Zeit genommen, mindestens eine Mahlzeit gemeinsam einzunehmen.

Rezepte

Lecker und gesund: Hier finden Sie Inspiration für leckere Gerichte zum Nachkochen:

Wo kann man die Zeit einsparen, die man sich für gemeinsame Mahlzeiten nimmt?

Sandra Berghaus-Lusmöller: Jeder muss sich die Frage stellen: Wo verdaddle ich denn meine Zeit? Am Fernseher, am Handy? Muss ich unbedingt zwei Stunden Sport treiben, reichen vielleicht auch eineinhalb? Was ist mir wichtig? Während Corona haben es sich viele Menschen zu Hause schöner gemacht und sich qualitativ hochwertigere Lebensmittel gegönnt. Mittlerweile sind viele in den Freizeitstress zurückgefallen und solche Dinge bleiben wieder mehr auf der Strecke.

Der nächste Winter kommt: Mit welchen Nahrungsmitteln kann ich meine Stimmung etwas aufhellen?

Eintopf mit Brot
Futter für die Seele: ein warmer Eintopf in der kalten Jahreszeit.

Sandra Berghaus-Lusmöller: Über die Sinne kommt man schnell in eine gute Stimmung: wenn morgens die Kaffeemaschine rattert und es nach frischem Kaffee riecht … Im Winter freut man sich auf den Duft der Weihnachtsbäckerei oder auf Wintergerichte wie Wirsing, Sauerkraut oder Grünkohl mit reichhaltiger Fleischeinlage wie Kassler und Pinkel. Im Winter braucht der Körper einfach mehr, um sich wärmen zu können. Im Sommer gelüstet es einem dann eher nach leichteren Dingen: frische Salate, eine Backkartoffel mit Quark. Der Körper weiß instinktiv, was er möchte.

Welche Rolle spielen Kräuter und Gewürze beim Kochen?

Sandra Berghaus-Lusmöller: Eine große, denn sie verleihen vielen Gerichten das gewisse Etwas und es macht Freude, auf der Fensterbank, dem Balkon oder im Garten einen kleinen Kräutergarten anzulegen, es wachsen zu sehen, zu ernten und sich einen Vorrat anzulegen.  

Und wenn ich kein Händchen fürs Gärtnern habe?

Sandra Berghaus-Lusmöller: Wenn man für sich entschieden hat, etwas an dieser Situation zu ändern, beispielsweise eigenes Gemüse zu essen oder Kräuter anzubauen, dann strahlt man das auch aus und dann ergeben sich Dinge oft von alleine. Man kann sich Hilfe suchen und mit Menschen ins Gespräch kommen, auf dem Wochenmarkt, in der Gärtnerei. Vielleicht mietet man sich auch eine Gartenparzelle. Dort gibt es in der Regel einen gewissen Zusammenhalt, man lernt voneinander, tauscht sich aus.

Also fängt der Genuss schon im Garten an?

Sandra Berghaus-Lusmöller: Unbedingt. Oder wenn ich mich dagegen entscheide, selber anzubauen, kann man sich auf dem Wochenmarkt oder in einen Hofladen inspirieren lassen und mit anderen austauschen. Das hat noch mehr Flair als im Discounter und steigert die Vorfreude auf das Kochen. Es gibt auch Kisten mit regionalen Zutaten und entsprechenden Rezepten. Vielleicht probiert man sowas mal aus, denn so werde ich ‚gezwungen‘, mich mit Obst und Gemüse auseinanderzusetzen.