Fürchtet euch nicht!

Frau führt Demonstrantion an
Bild: AdobeStock.com, Jacob Lund

Darum fürchtet euch nicht vor ihnen [den Menschen]! Denn nichts ist verhüllt, was nicht enthüllt wird, und nichts ist verborgen, was nicht bekannt wird. Was ich euch im Dunkeln sage, davon redet im Licht, und was man euch ins Ohr flüstert, das verkündet auf den Dächern! Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, die Seele aber nicht töten können, sondern fürchtet euch eher vor dem, der Seele und Leib in der Hölle verderben kann! Verkauft man nicht zwei Spatzen für einen Pfennig? Und doch fällt keiner von ihnen zur Erde ohne den Willen eures Vaters. Bei euch aber sind sogar die Haare auf dem Kopf alle gezählt. Fürchtet euch also nicht! Ihr seid mehr wert als viele Spatzen. Jeder, der sich vor den Menschen zu mir bekennt, zu dem werde auch ich mich vor meinem Vater im Himmel bekennen. Wer mich aber vor den Menschen verleugnet, den werde auch ich vor meinem Vater im Himmel verleugnen.

Matthäus 10,26-33

 

„Wie hätte ich mich selbst verhalten, wenn ich in der Zeit des Nationalsozialismus gelebt hätte?“ Diese Frage stellt sich unser Bundesminister für das Auswärtige Heiko Maas immer mal wieder. Gerade erst vergangenen Mittwoch, als er in Warschau Deutschlands Zustiftung von 60 Millionen Euro zur Stiftung Ausschwitz-Birkenau unterschrieben hat. Den nationalistischen Völkermord an den Juden Europas haben auch die christlichen Kirchen und Christ*innen unterstützt, mindestens indem sie nichts dagegen gesagt und/oder getan haben. Ein Grund dafür war sicher die Angst um die eigene Existenz.

Ich bin heilfroh, dass ich in einer Zeit und in einem Staat lebe, in der/in dem ich als Christin keine Angst vor Repressalien haben muss. Das einzige, das mir passieren kann: dumme Sprüche über den „Verein“, zu dem ich gehöre, oder mehr oder weniger ernste Anfragen, ob ich das alles wirklich glaube, was bspw. die Bibel so lehrt.

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„Wie hätte ich mich selbst verhalten, wenn ich in der Zeit des Nationalsozialismus gelebt hätte?“ „Wie würde ich mich verhalten, wenn ich heute wegen meines Glaubens benachteiligt und sogar verfolgt würde?“ Das frage auch ich mich manchmal. Ganz ehrlich, ich weiß es nicht. Ich hoffe, dass ich zu meinem Glauben stehen würde, dass ich mich gegen gesellschaftliche Ungerechtigkeiten einsetzen würde, auch wenn das existenzielle Nachteile für mich hätte. Rückendeckung „von oben“ wäre mir jedenfalls sicher, wenn ich das Evangelium von diesem Sonntag richtig lese. Es geht sogar so weit zu sagen, dass schlimmer als der leibliche Tod der Tod der Seele ist. „Fürchtet euch nicht …!“, spricht Jesus dreimal den Jüngern zu. Wir brauchen uns vor nichts zu fürchten, weil Gott sogar die Haare auf unseren Köpfen alle gezählt hat, so wertvoll sind wir ihm.

Nein, ich muss mich nun wirklich nicht fürchten, wenn ich dazu stehe, dass ich an Jesus Christus glaube. Dennoch tut es mir gut, mir diese Zusage immer und immer wieder vor Augen zu führen, sie in mein Herz dringen zu lassen, dass sie dort Wurzeln schlägt. Denn auch in meinem Alltag bin ich herausgefordert, mich durch mein Handeln und Reden – indirekt – zu Christus zu bekennen. Beispielsweise meinen Mund aufzutun und wo nötig auch ins Handeln zu kommen, wo Menschen aufgrund ihrer Glaubensüberzeugung, ihrer ethnischen Herkunft, ihrer sexuellen Orientierung ausgegrenzt, benachteiligt, beschimpft werden. Das klingt so selbstverständlich. Und dennoch ist das manchmal ein unbequemer Weg, der mich verletzlich macht, auch wenn er mich hier in Deutschland nicht den echten Kopf und Kragen kosten wird.

Deshalb darf – zumindest für mich – immer wieder betont werden: Fürchtet euch nicht!

Inga Schmitt