Gegen den Herbstblues: die Landkarte des guten Lebens

Mann spaziert mit Hund durch Wald im Herbst
Bild: canva.com

Die Tage werden wieder kürzer, das Licht schwächer, der Himmel grauer. Wenn draußen Wind und Regen zunehmen, zieht es viele nach innen – in die Wohnung, in sich selbst. Manche finden das gemütlich, andere eher bedrückend – der sogenannte Herbstblues macht sich dann bemerkbar. Warum das nicht dramatisch sein muss und wie man damit umgeht, erfahren Sie auf dieser Seite.

„Ein Herbstblues ist keine Herbstdepression – das ist eine Unterscheidung, die mir ganz wichtig ist“, stellt Christoph Hutter klar. Er ist Leiter der Ehe-, Familien-, Lebens- und Erziehungsberatungsstellen im Bistum Osnabrück. „Unter Therapeutinnen und Therapeuten sind wir uns einig, dass es so etwas wie eine Herbstdepression nicht gibt. Eine Depression richtet sich nicht nach Jahreszeiten.“ Der sogenannte Herbstblues ist daher keine Krankheit, sondern vielmehr eine saisonale Niedergeschlagenheit – ein Stimmungsphänomen, das auch eine positive Seite haben kann. „Der Blues in der Musik ist für mich ein Rhythmus, den ich sehr gerne mag, reduziert, langsam. Vielleicht erinnert uns der Herbstblues daran, wie schnell wir sonst rennen und wie wenig Atempausen wir uns gönnen“, so Hutter.

Dr. Christoph Hutter
Dr. Christoph Hutter

Wenn die Tage dunkler und kürzer werden, könnte es guttun, die ruhigere Stimmung bewusst anzunehmen: einfach mal nichts zu tun, aus dem Fenster zu schauen, eine Kerze anzuzünden, Stille zuzulassen. Gefühle spielen dabei eine zentrale Rolle: „Gefühle sind so wichtig für uns. Wir müssen sie wahrnehmen und zulassen – sonst geht vielleicht etwas kaputt“, so Hutter.

Um dann aus einer trüben Stimmungen wieder herauszufinden, helfe es, in Bewegung zu bringen – innerlich wie äußerlich. Schon ein Spaziergang an der frischen Luft könne die Stimmung heben, selbst bei grauem Wetter. Christoph Hutter lädt außerdem dazu ein, die „Landkarte des guten Lebens“ zu entdecken: mit fünf Ideen, die zeigen, was im Leben wirklich wichtig ist, um glücklich(er) zu werden.

Die erste Station (Selbstbewusstsein und Selbsrealisation) setzt den Fokus auf dich, auf deine Selbstfürsorge – darauf, dass du gut zu dir bist. Damit meint Hutter, „dass du es dir körperlich gut gehen lässt. Dass kann eine Wärmflasche sein, dass kann gutes Essen sein. Aber auch, dass es dir intellektuell gut geht. Was liest du gerade? Und, dass du einen Zugang zu deinen Emotionen hast!“

Das zweite Land (Einbindung und Resonanz) ist das Land, wo es um Beziehungen geht. Wo sind Menschen, die dir gut tun? Hast du Gruppen oder Kontexte, wo du dich inspirieren lassen kannst?

Das dritte Land ist überschrieben mit dem Begriff der Weltgestaltung und geprägt von Selbstwirksamkeit. Wir Menschen wollen uns von Natur aus gerne einbringen in die Gesellschaft – mitbestimmen und gestalten. Das kann eine Gemeinde sein oder auch Politik. Wo sind Räume, wo du den Eindruck hast, dass du die Welt mitgestaltest?

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Das vierte Land (Spiel) ist das Land von Muße und Erholung. Die wird dann möglich, wenn wir uns Freiräume schaffen – für Spiel und zweckfreies Tun. Es ist der Ort, an dem ich sein kann, wie ich bin und nichts leisten muss. Was macht dir Spaß? Worauf hast Lust?

Das fünfte Land ist das Land, in dem es um Sinn geht. Wohin möchtest du? Macht es Sinn, wie du lebst? Dazu fügt Hutter ein Zitat eines Kommunikationspsychologen aus Hamburg an: „Stell dir vor, du stirbst. Und kurz vor dem Tod oder kurz danach kommt jemand und sagt: Na, wie war’s? Wäre ich dann bereit zu unterschreiben: Ja, es war gut?“

Vielleicht ist der Herbst genau die richtige Zeit, um diese Fragen zu stellen. Wenn uns der Herbstblues erwischt, kann das auch eine Einladung sein – zum Innehalten, Neujustieren, Loslassen. „Wenn du genug hast vom Herbstblues“, sagt Hutter, „steh auf, geh raus, nimm die Landkarte des guten Lebens und triff die Entscheidungen, die für dich heute passen.“