Geschenkte Zeit

Zeit für ... Forum am Dom
Bild: privat

„Zeit für Begegnungen, Freundschaften, Stille“, „Zeit für Kinder und meine Familie“, „Zeit für mehr Zuwendung gegenüber meinen Mitmenschen“. Das sind nur einige Wünsche, die Passanten an die Fenster des Forums am Dom geschrieben haben. Die Einladung, während der Sommermonate über „Zeit“ ins Gespräch zu kommen und Aufkleber mit Wünschen zu beschriften, hat wohl einen Nerv getroffen.

Fast jeden Tag stehe ich staunend vor den voll geklebten Fenstern und lese, was unsere Gäste notiert haben. „Zeit für Prüfungsvorbereitung“ braucht eine Studentin. „Zeit für Muße und Lesen“ wünscht sich jemand anderes. „Zeit für Obdachlose und Süchtige“ oder „Zeit zum Nachdenken, wie es mit unserer Erde und unserer Gesellschaft weitergeht“, lese ich auf weiteren Aufklebern.
Zeit für ...Forum am DomSo viele haben sich eingelassen auf die Einladung unseres Teams und aufgeschrieben, was ihnen besonders wichtig ist. Das bewegt mich sehr, denn sie hinterlassen uns mit ihren Anliegen etwas Persönliches von ihnen. Wie kostbar! Mögen ihre Wünsche in Erfüllung gehen.

Die Aufschriften wirken auf mich wie ein Spiegel des Zeiterlebens während der Pandemie. Bezeugen sie doch die Sehnsucht vieler nach mehr Begegnung, mehr Nähe, mehr Freundschaft. Und viel Nachdenklichkeit zeigt sich mit der Frage, was jetzt wirklich notwendig ist.

Zeit für ...Forum am Dom

Berührt hat mich auch die Begegnung mit einer Familie aus Süddeutschland. Sie war auf der Durchreise zu einer ostfriesischen Insel und machte Station bei uns. Sie wollten sich bewusst Zeit nehmen für ihre Reise in den Urlaub, tranken bei uns Kaffee und kamen als Familie miteinander ins Gespräch, wofür sie sich Zeit wünschen. „Zeit für Entspannung, für Mama, für Spielen, Radschlagen, baden …“ Die Kinder klebten mit Schwung den voll geschriebenen Aufkleber ans Fenster.

Zeit für ...Forum am DomUnter den vielen Aufklebern sticht einer besonders hervor. Darauf lacht ein freundliches Emoji unter der Aufschrift: „Zeit für Gott“ 😊. Wie schön, dass der Gedanke an Gott mit einem Lächeln verbunden ist. Und besonders nachdenklich macht mich die Aufschrift: „Zeit ist Gnade“. Ja, das stimmt, denke ich. Zeit ist Gnade, ein Geschenk, über das ich nicht verfüge, allem Zeit-Management und allen Selbstoptimierungstrends zum Trotz.

Über die Autorin

Daniela Engelhard ist Leiterin des Forums am Dom in Osnabrück. Bei der Arbeit in dieser Einrichtung der Citypastoral kommt sie mit vielen unterschiedlichen Menschen in Kontakt. Von Erlebnissen und Themen, die sie bewegen, berichtet sie in ihren Blogbeiträgen.

Zeit ist meistens zu knapp. Aber die flüchtigen oder intensiven Begegnungen und Gespräche mit unseren Gästen haben mir wertvolle Zeit geschenkt. Und vielleicht haben sie es auch so erlebt. Das war jedenfalls unser Wunsch. Sie haben uns mit ihren Wünschen ein wenig Anteil an ihrem Leben gegeben. Was für ein Geschenk! Danke!

 

2 Kommentare zu “Geschenkte Zeit

  1. Liebe Frau Engelhard,
    was war / ist das eine tolle Sommeraktion 2021 des Forums am Dom
    – die ZEIT für … Frage.
    DANKE auch für Ihre investierte ZEIT und Arbeit.
    Und die sooo vieler, die uns täglich gedanklich herausfordern, uns inspirieren, uns bremsen, anhalten oder / und – neu durchstarten lassen.
    “ Halt an, wo läufst du denn hin … “ von A. Silesius – so die Frage auf einem Kissen am Forum vor einiger Zeit. –
    Auch einen meiner ausgefüllten Aufkleber stellen Sie vor. Was für eine Wertschätzung. Sie hat mir doch für ein leichtes Schmunzeln entlockt.
    Der Gedanke : ZEIT ist GNADE stammt, das gebe ich gerne zu, nicht von mir. Ich habe diese Aufschrift irgendwo mal vor vielen Jahren auf den 12 Zifferblättern einer Wanduhr gesehen. Damals dachte ich … ähnlich wie sie : WOW – Wie wahr … ja, Zeit ist G N A D E.
    Unsere Zeit auf Erden ist begrenzt und kostbar. Nutzen wir sie.
    Herzlichen DANK Ihnen und allen Lesern für … geschenkte ZEIT.

    1. Vielen Dank für Ihre wertschätzende Rückmeldung. Und Danke für den Aufkleber mit dem schönen Impuls „Zeit ist Gnade“!
      Herzliche Grüße,
      Daniela Engelhard

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