Glaub-würdig sein

Her an einem beschlagenen Fenster
Bild: unsplash.com, Gaelle Marcel

Er sprach aber auch in Gleichnissen zu ihnen: Kann etwa ein Blinder einen Blinden führen? Werden nicht beide in eine Grube fallen? Ein Jünger steht nicht über dem Meister; jeder aber, der alles gelernt hat, wird wie sein Meister sein. Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem eigenen Auge bemerkst du nicht? Wie kannst du zu deinem Bruder sagen: Bruder, lass mich den Splitter aus deinem Auge herausziehen!, während du selbst den Balken in deinem Auge nicht siehst? Du Heuchler! Zieh zuerst den Balken aus deinem Auge; dann kannst du zusehen, den Splitter aus dem Auge deines Bruders herauszuziehen. Es gibt keinen guten Baum, der schlechte Früchte bringt, noch einen schlechten Baum, der gute Früchte bringt. Denn jeden Baum erkennt man an seinen Früchten: Von den Disteln pflückt man keine Feigen und vom Dornstrauch erntet man keine Trauben. Der gute Mensch bringt aus dem guten Schatz seines Herzens das Gute hervor und der böse Mensch bringt aus dem bösen das Böse hervor. Denn wovon das Herz überfließt, davon spricht sein Mund.
Lukas 6, 39-45

 

Glaubwürdigkeit ist ein hohes Gut. Das merke ich immer wieder. Gerade als Mitarbeiter der Kirche werde ich bewusst oder unbewusst beobachtet: Sagt er, was er denkt? Tut er, was er sagt? Ich kann das gut nachvollziehen. Ich vertraue auch den Menschen am meisten, wo Denken, Reden und Tun zusammenpasst.

Das Bibelfenster

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In meiner Kirche empfinde ich das gerade als große Herausforderung. Da ist auf unterschiedlichen Ebenen viel an Glaubwürdigkeit verspielt worden. Und wie überzeugend ist es, wenn in Gottesdienst und Katechese von der (göttlichen) Würde des Menschen die Rede ist, sie aber an anderer Stelle nicht geachtet, sogar mit Füßen getreten wird? Wie soll ich Kinder in der Gemeinde auf das Sakrament der Beichte/der Versöhnung vorbereiten und von Fehlern und Schwächen reden, wenn an anderer Stelle die Fehler und Schwächen meiner Kirche so offensichtlich und so beschämend zutage treten?

„Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem eigenen Auge bemerkst du nicht?“ – Das ist leider immer wieder die Gefahr: Bei anderen entdecke ich schnell Fehler und Unzulänglichkeiten. Vielleicht mache ich die anderen auf diese Weise bewusst klein, damit ich selbst groß dastehen kann. Viel wichtiger ist es aber, bei sich selbst genauer hinzuschauen.  Das sage ich mir, das sage ich aber auch meiner Kirche.

Nur so gelingt es, glaub-würdig zu sein: Ich bin es wert, dass mir geglaubt wird. Diese Glaubwürdigkeit entspringt einer inneren Haltung der Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit gegenüber mir selbst, gegenüber anderen und gegenüber Gott.

Christian Adolf, Pastoralreferent