Gottes Nähe in dunklen Momenten

Kette aus Metall im Sonnenuntergang
Bild: canva.com

In jenen Tagen ließ der König Herodes einige aus der Gemeinde verhaften und misshandeln. Jakobus, den Bruder des Johannes, ließ er mit dem Schwert hinrichten. Als er sah, dass es den Juden gefiel, ließ er auch Petrus festnehmen. Das geschah in den Tagen der Ungesäuerten Brote. Er nahm ihn also fest und warf ihn ins Gefängnis. Die Bewachung übertrug er vier Abteilungen von je vier Soldaten. Er beabsichtigte, ihn nach dem Paschafest dem Volk vorführen zu lassen. Petrus wurde also im Gefängnis bewacht. Die Gemeinde aber betete inständig für ihn zu Gott. In der Nacht, ehe Herodes ihn vorführen lassen wollte, schlief Petrus, mit zwei Ketten gefesselt, zwischen zwei Soldaten; vor der Tür aber bewachten Posten den Kerker. Und siehe, ein Engel des Herrn trat hinzu und ein Licht strahlte in dem Raum. Er stieß Petrus in die Seite, weckte ihn und sagte: Schnell, steh auf! Da fielen die Ketten von seinen Händen. Der Engel aber sagte zu ihm: Gürte dich und zieh deine Sandalen an! Er tat es. Und der Engel sagte zu ihm: Wirf deinen Mantel um und folge mir! Und Petrus ging hinaus und folgte ihm, ohne zu wissen, dass es Wirklichkeit war, was durch den Engel geschah; es kam ihm vor, als habe er eine Vision. Sie gingen an der ersten und an der zweiten Wache vorbei und kamen an das eiserne Tor, das in die Stadt führt; es öffnete sich ihnen von selbst. Sie traten hinaus und gingen eine Gasse weit; und sogleich verließ ihn der Engel. Da kam Petrus zu sich und sagte: Nun weiß ich wahrhaftig, dass der Herr seinen Engel gesandt und mich der Hand des Herodes entrissen hat und alldem, was das Volk der Juden erwartet hat.

Apostelgeschichte 12,1-11

Anlässlich des Festes der heiligen Petrus und Paulus – beides zentrale Gestalten der frühen Evangelisierung – fällt auf: In beiden Lesungen des Tages (siehe auch 2 Tim 4, 6–8.17–18) liegt der Fokus nicht auf den Erfolgen oder leuchtenden Momenten ihres Wirkens, sondern auf Erfahrungen von Leid, Einschränkung und Gefangenschaft. Keine „triumphierende Kirche“ also!

Sich an diesen beiden Aposteln – gerade in ihren Krisenmomenten – zu erinnern, ist bemerkenswert. Üblicherweise stehen in Nachrufen oder Laudationes die Errungenschaften eines Menschen im Vordergrund, die sogenannte „Schokoladenseite“ – hier ist es anders. Zwar endet die Episode aus der Apostelgeschichte mit der Befreiung des Petrus aus dem Gefängnis – einem „Happy End“. Doch der Weg dorthin wird eindrücklich beschrieben: seine Gefangenschaft, die Ketten, die Wachen, die politische Situation – Herodes will sich mit der Verfolgung der Christen beim Volk beliebt machen. Das alles wirkt bedrückend.

Die Erzählung enthält deutliche Parallelen zur Passion Jesu: Petrus ist allein. Die Mächtigen handeln gegen ihn, gestützt durch den Beifall der Menge. Die anderen Gläubigen können nur beten – wie damals in Gethsemane.

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Ich stelle mir vor, dass in Petrus Erinnerungen an jene Nacht wach wurden. Eine Nacht, in der er Jesus nicht beistehen konnte, sondern einschlief – und ihn später verleugnete, aus Angst selbst verhaftet zu werden. Und jetzt? Die Lage scheint noch aussichtsloser: Ketten, doppelte Wachschicht, eine eiserne Tür …

Doch die Ähnlichkeiten mit Jesu Weg enden nicht bei Leid und Dunkelheit. Bei Petrus geschieht, was Paulus in der zweiten Lesung (2 Tim 4,17) so beschreibt: „Der Herr aber stand mir zur Seite und gab mir Kraft, damit durch mich die Verkündigung vollendet wird und alle Völker sie hören; und so wurde ich dem Rachen des Löwen entrissen.“

Hier schließt sich der Kreis: Die Nachfolge Jesu ist für Petrus und Paulus nicht nur Nachfolge ins Leiden, sondern auch Weg zur Befreiung, zur Kraft, zum Licht.

Vielleicht hilft es uns auch, im Trubel des Alltags beide Dimensionen der Nachfolge Christi im Blick zu behalten: Uns im Leiden daran zu erinnern, dass der Herr uns nicht verlässt – und dass er uns immer wieder zur Freiheit und zur Rettung ruft.

Roberto Piani