Gut Ding will Weile haben

Keimling
Bild: unsplash.com, Francesco Gallarotti

Er [Jesus] erzählte ihnen ein weiteres Gleichnis und sagte: Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Senfkorn, das ein Mann auf seinen Acker säte. Es ist das kleinste von allen Samenkörnern; sobald es aber hochgewachsen ist, ist es größer als die anderen Gewächse und wird zu einem Baum, sodass die Vögel des Himmels kommen und in seinen Zweigen nisten. Und er erzählte ihnen noch ein Gleichnis: Mit dem Himmelreich ist es wie mit dem Sauerteig, den eine Frau unter einen großen Trog Mehl mischte, bis das Ganze durchsäuert war.

Matthäus 13,31-33 (Einheitsübersetzung)

Wenn ich so manches Mal Nachrichten schaue, könnte ich schier verzweifeln angesichts der vielen ungelösten Probleme: wo anfangen? Welcher Lösungsansatz wäre der beste? Warum tun die nicht endlich etwas?

Ungeduld und Ohnmacht ringen dann um Vorherrschaft, manchmal auch ein vages Gefühl von „Das hat doch eh alles keinen Sinn“.

Was mir dann hilft? Texte wie dieser aus dem Matthäusevangelium, die mich daran erinnern, dass Veränderungen, insbesondere große, normalerweise nicht einfach vom Himmel fallen. Ihr Anfang ist oft eher unscheinbar wie das Senfkorn, das gerade mal Stecknadel groß ist. Dass sich etwas tut, und schon lange getan hat, nehmen wir erst wahr, wenn es größer und kaum mehr zu übersehen ist, so wie ein Baum.

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Schaue ich auf unsere Weltgeschichte, fallen mir dazu die Anti-Apardheid-Bewegung in Südafrika und Gandhis Bewegung des gewaltlosen Widerstands in Indien ein und die Kreise, die beides dann gezogen hat. – Veränderung braucht langen Atem und wirkt zunächst auch schon mal scheinbar verborgen. Wie der Sauerteig, der mit viel Arbeitseinsatz (kneten) und auch Geduld (ruhen lassen) die ganze Teigmischung durchsäuert, so dass am Ende des Prozesses etwas Nahrhaftes und Bekömmliches entsteht.

Gut Ding will Weile haben, sagen wir auch. Das gilt meiner Erfahrung nach für das, was im persönlichen Leben an Kleinem und Großem wächst, aber auch für das größere Ganze. Oder wie Oscar Wilde gesagt hat: „Alles wird gut. Und wenn es noch nicht gut ist, ist es noch nicht das Ende.“ Jesu Gleichnisse erzählen genau das: Da ist noch was drin, auch wenn ich es noch nicht sehen kann. Und das lässt mich dranbleiben an dem, was ich beeinflussen kann, und hoffen und beten für das, was sich meinem Einfluss (mehr oder weniger) entzieht.

Inga Schmitt, Pastoralreferentin