Heilige Herrschaft

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Wer euch aufnimmt, der nimmt mich auf, und wer mich aufnimmt, nimmt den auf, der mich gesandt hat. Wer einen Propheten aufnimmt, weil es ein Prophet ist, wird den Lohn eines Propheten erhalten. Wer einen Gerechten aufnimmt, weil es ein Gerechter ist, wird den Lohn eines Gerechten erhalten. Und wer einem von diesen Kleinen auch nur einen Becher frisches Wasser zu trinken gibt, weil es ein Jünger ist – Amen, ich sage euch: Er wird gewiss nicht um seinen Lohn kommen.

Matthäus 10,40-42

Menschen lieben Rangordnungen: Auch in einer Gemeinschaft wie der Kirche sind Rangordnungen von Rom bis in die Ortsgemeinde alles. Wer hat wem was zu sagen, und wer darf das, was andere nicht dürfen? Damit eine Rangordnung auch zur Botschaft Jesu passt, der nach eigenen Worten „nicht gekommen ist, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen“ (Markus 10,45), wird Überordnung wie Unterordnung gern als Dienst beschrieben. Der sprichwörtliche Seufzer bringt es auf den Punkt: „Alle wollen dienen, am liebsten möglichst weit oben.“ Der oberste Chef ist dann der Diener der Diener. Mehr Dienst geht nicht.

Sozialer Status, Geschlecht, Ämter, Titel, Klerus, Laien – alles lässt sich ordnen zu einer Rangordnung – auch bekannt als Hierarchie. Das Wort stammt aus dem Griechischen und  ist eine Zusammensetzung aus „hierós“ (heilig) und „àrchein“ (herrschen) – also „Heilige Herrschaft“. – „Herrschaftszeiten!“ mag da mancher entrüstet rufen – eine ziemlich katholische Unmutsbekundung aus bayerisch/österreichischen Landen.

Kluge Köpfe haben Mitte des 18. Jahrhunderts der absoluten Herrschaft einen Gedanken beigefügt, der sie beherrschbar machen soll. Bekannt wurde die Idee unter dem Stichwort: Gewaltenteilung. Gesetzgebung, Justiz und Polizei werden getrennt. Ich will meiner Kirche nichts Böses, wenn ich darauf hinweise, dass wir davon noch weit entfernt sind.

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Wenn ich auf die Botschaft Jesu schaue, äußert er sich immer wieder erfreulich „unhierarchisch“. Nicht nur die Aufnahme von Propheten und Gerechten wird im Matthäus Evangelium belohnt – als Gerechte gelten übrigens alle, die sich als Christen auf den Weg machen. Nein, auch die Zuwendung zu „einem dieser Kleinen“ erfährt den gleichen himmlischen Lohn. Die Kleinen sind in der Tradition des Judentums sozial schwache, arme oder anderweitig eingeschränkte Menschen. Jesus stellt diese oft missachteten Kleinen auf eine Stufe mit Propheten und Gerechten; die verlieren so ihre hervorgehobene Stellung.

Die Umkehrung irdischer Machtverhältnisse begegnet bei Jesus immer wieder. „Wer sich so kleinmacht wie dieses Kind, der ist im Himmelreich der Größte“, antwortet er auf die Frage der Jünger, wer im Himmelreich der Größte sei (Matthäus 18,1-4) An anderer Stelle kanzelt Jesus alle ab, die sich über andere erheben, ihnen Lasten auflegen wollen und allerorten – bei geistlichen und weltlichen Anlässen – in erster Reihe sitzen wollen. Ihr sollt euch nicht Rabbi nennen lassen, sagt Jesus, ihr sollt euch nicht Vater nennen lassen, ihr sollt euch nicht Lehrer nennen lassen. „Der Größte von euch soll euer Diener sein.“ (Matthäus 23,1-12) Da sind wir wieder beim Dienen. Nur vier Bischöfe schafften es jetzt, den Fortgang des Synodalen Weges in Deutschland zu stoppen, indem sie ihm den Geldhahn zudrehen. Sie sehen das als Dienst am Glauben und an der Kirche. Andere sehen in dieser – sorry, aber doch recht banalen irdischen Idee einen Ausdruck ungeteilter Macht und Herrschaft. Viele aber interessiert das alles gar nicht mehr. Sie machen sich aus dem Staub, wie die jüngsten Zahlen zeigen. Sie suchen nach neuen Wegen und offenen Türen, wo man ihnen einen „Becher frisches Wasser“ für ihren Durst reicht …

Diakon Gerrit Schulte