Herr des Tanzes

Im Benediktinerinnenkloster St. Scholastika in Dinklage gibt es eine ganz besondere Darstellung des auferstandenen Christus, eine Schnitzarbeit aus dem 14. Jahrhundert.

JesusEine solche Darstellung Jesu, nicht am Kreuz, sondern frei und aufrecht stehend, wird in der Kunstgeschichte als „Schmerzensmann“ bezeichnet und oft mit dem leidenden Gottesknecht beim Propheten Jesaja in Verbindung gebracht. Und doch hat er das Kreuz schon überwunden, ist durch das Leiden und den Tod hindurch gegangen. Er steht als Auferstandener vor uns und zeigt seine Wunden an den Händen, den Füßen und der Seite. Der Tod hat keine Macht mehr über ihn – aber hat seine Spuren hinterlassen. Der Auferstandene ist nicht unverletzt davon gekommen.

Allein das könnte ja schon Mut machen, da ist einer solidarisch im Leiden mit uns Menschen, aber der Schmerzensmann aus dem Kloster Dinklage geht noch weiter: Er streckt seinen linken Fuß leicht nach vorne. Im Mittelalter soll das ein ganz bestimmtes Zeichen gewesen sein, nämlich die Einladung zum Tanz!

Über die Autorin

Andrea Schwarz ist Schriftstellerin, war lange Jahre pastorale Mitarbeiterin im Bistum Osnabrück und lebt im Emsland. Sie ist eine genaue und sensible Beobachterin ihrer Umwelt und der Menschen, denen sie begegnet. In ihren Texten versucht sie, Gott mitten im Alltag zu entdecken und Lust aufs Leben zu machen – nun erstmals auch in Form von Blogbeiträgen!

Der Auferstandene lädt ein zum Tanz! Da erklingt Musik, da kommt einer auf mich zu, fordert mich auf. Wir sind eingeladen, uns dem Rhythmus des Lebens hin zu geben, dem Auf und Ab, dem Hin und Her, dem schwindligen Wirbel und den ruhigeren Schritten. Da ist einer, der mich berührt, mich hält und führt, der den Weg vorgibt, auf den ich mich einlassen kann – und der mir manchmal vielleicht dabei auch auf die Füße tritt. Aber – zur Melodie des Lebens tanzen Gott und Mensch, er und ich miteinander.

Dazu braucht es das Hinhören auf die manchmal so leise Stimme des „Komm – und folge mir! Komm mit zum Tanz des Lebens, zum Tanz der Lebendigkeit!“

Mechthild von Magdeburg, eine deutsche Mystikerin (1207 – 1282), ist jedenfalls davon überzeugt: „Ich tanze, Herr, wenn du mich führst.“

In einem neueren englischen Lied heißt es: „I am the Lord of the dance said he“ – ich bin der Herr des Tanzes, sagt er. Und im Refrain: Tanz, tanz, wo immer du auch bist – und ich führe euch alle in den Tanz, sagt er. (Hier der Link zu einer wunderschönen Version des Liedes)

Kerze mit JesusEin Tanz, der den Tod kennt, und ihn doch überwindet. Gezeichnet von Schmerz, Wunden und Leiden – und doch tanzen! Sich der Führung des Auferstandenen anvertrauen und mit ihm dem Leben entgegen tanzen! Und all mein Klagen in Tanzen verwandeln lassen! (Die Bibel, Psalm 30, Vers 12).

Deshalb mag ich auch diese Osterkerze aus dem Kloster Dinklage – sie erinnert mich.

Gerade an diesem Corona-Ostern 2021.

 

Sie möchten sich den Schmerzensmann in natura ansehen oder auch so eine schöne Kerze erwerben? Hier geht’s zur Internetseite der Benediktinerinnenabtei Burg Dinklage: https://abteiburgdinklage.eu

Schreibe einen Kommentar

Die von Ihnen verfassten Kommentare erscheinen nicht sofort, sondern erst nach Prüfung durch das Bistum Osnabrück. Erforderliche Felder sind mit einem * markiert. Bitte beachten Sie unsere Datenschutzerklärung