Ich packe meinen Koffer und nehme mit …

gepackter Koffer
Bild: adobeStock.com, stokkete

Letzte Woche hatte ich meinen ersten 3-Tage-Kurs nach über sieben Monaten „Corona-Abstinenz“. Okay, ich musste mir am Sonntag in der Nähe des Tagungshauses noch einen Termin für einen Schnelltest organisieren … aber da hat man ja inzwischen ein wenig Erfahrung. Die entsprechenden Kursunterlagen zusammen zu suchen, fand ich schon etwas schwieriger; der Kurs war wegen Corona zweimal verschoben worden, zu dem Thema hatte ich seit 1 ¼ Jahren nichts mehr gemacht. Und Kofferpacken, eigentlich etwas, was ich kann, ohne groß nachzudenken – oder richtiger „konnte“ – das brauchte plötzlich richtig Konzentration …

Die Kurstage selbst war dann alles irgendwie vertraut und doch „anders“. Im Tagungsraum saßen wir auf Abstand, die Teilnehmerin mir gegenüber war also circa 15 Meter entfernt. Im Speisesaal waren wir immer nur zu zweit an einem Tisch, kein gemütliches Beisammensein am Abend in der Kellerklause – jeder ging seine Wege. Und als ich am zweiten Tag überraschend einen alten Bekannter traf, der mit einer anderen Gruppe im Haus war, steuerten wir erfreut aufeinander zu, um dann abrupt zu bremsen und die Umarmung in eine Begrüßung per Ellenbogen umzuwandeln. Noch ist Corona nicht aus der Welt, Vorsicht ist und bleibt angesagt.

Die aktuellen Zahlen erlauben, dass manches, zumindest anfanghaft, wieder geht. Und doch ist es spannend, wie es denn geht. Hineingekommen in die Pandemie sind wir mehr oder weniger abrupt … so etwas hatte niemand auf dem Schirm. Durchgekommen sind wir so halbwegs, da war existenzielle Not, viel Vereinsamung, Angst, Leiden, Sterben. Aber es gab auch großes kreatives Potential, einen digitalen Entwicklungsschub, andere Formen von Gottesdiensten, … und mit der Zeit haben wir gelernt, dass man Nudeln und Toilettenpapier nicht hamstern muss.

Über die Autorin

Andrea Schwarz ist Schriftstellerin, war lange Jahre pastorale Mitarbeiterin im Bistum Osnabrück und lebt im Emsland. Sie ist eine genaue und sensible Beobachterin ihrer Umwelt und der Menschen, denen sie begegnet. In ihren Texten versucht sie, Gott mitten im Alltag zu entdecken und Lust aufs Leben zu machen – nun erstmals auch in Form von Blogbeiträgen!

Wie wir aus dieser Pandemie ganz persönlich wieder herauskommen, das werden die nächsten Wochen und Monate zeigen. Vermutlich werde ich einiges erst wieder neu lernen müssen: Mit Menschen nahe zusammen zu stehen, einen Freund spontan zu umarmen, abends in gemütlicher Runde unbefangen beisammen zu sitzen – etwas schneller Koffer zu packen, dürfte da noch das Geringste sein. Kein Wunder: Psychologen sagen: Das, was man sechs Wochen lang macht, wird zur Gewohnheit. Und Abstand halten wir jetzt schon seit über 15 Monaten!

Noch bin ich vorsichtig, mache lieber einen Schritt zur Seite, vermeide größere Gruppen, … und nicht alles, was man jetzt „tun darf“, möchte ich auch schon tun. Ich habe mir jedenfalls vorgenommen, sehr achtsam mit mir selbst zu sein – und mir auch von anderen keinen Druck machen zu lassen, die das alles eventuell leichter und schneller „abschütteln“. Jede*r muss und darf auf die je eigene Weise seinen Weg zurück in den Alltag finden und gehen.

Aber bevor wir wieder, mehr oder weniger, zu einer vermeintlichen Normalität zurückkehren – vielleicht lohnt es sich, noch einmal innezuhalten und mit dem alten Kinderspiel zu fragen: „Ich packe meinen (Corona-) Koffer und nehme mit …“

Ja, was nehmen wir denn mit aus diesen Monaten? Und was lassen wir auch gerne zurück?

 

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