Rache ist süß? Ja, aber!

Dessert
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Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Auge für Auge und Zahn für Zahn. Ich aber sage euch: Leistet dem, der euch etwas Böses antut, keinen Widerstand, sondern wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halt ihm auch die andere hin. Und wenn dich einer vor Gericht bringen will, um dir das Hemd wegzunehmen, dann lass ihm auch den Mantel. Und wenn dich einer zwingen will, eine Meile mit ihm zu gehen, dann geh zwei mit ihm. Wer dich bittet, dem gib, und wer von dir borgen will, den weise nicht ab. Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen. Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen, damit ihr Söhne eures Vaters im Himmel werdet; denn er lässt seine Sonne aufgehen über Bösen und Guten, und er lässt regnen über Gerechte und Ungerechte. Wenn ihr nämlich nur die liebt, die euch lieben, welchen Lohn könnt ihr dafür erwarten? Tun das nicht auch die Zöllner? Und wenn ihr nur eure Brüder grüßt, was tut ihr damit Besonderes? Tun das nicht auch die Heiden? Ihr sollt also vollkommen sein, wie es auch euer himmlischer Vater ist.

Matthäusevangelium 5,38-48 (Einheitsübersetzung)

 

Auge um Auge, Zahn um Zahn – das ist der erste große Fortschritt in der Sozialgesetzgebung. Böse Taten bleiben nicht ungesühnt. Das ist das Gefühl „Rache ist süß!“ Aber in diesem Zirkel werden auf der Gegenseite neue Rachegefühle erzeugt. Sozialgeschichtlich gesehen grenzt das Motto aufsteigende Rachegefühle und Rachegelüste ein. Es zähmt den Vergeltungsimpuls. Es verlangt: Bitte nur im Rahmen des mir zugefügten Schadens bleiben – mehr bitte nicht. Diese Sozialregelung war ein guter Schritt in die Richtung zur Befriedung der Welt. Aber es bewegt sich bei aller Begrenzungskraft der Rache doch immer noch auf der Ebene der Rache. Es bleibt im Kreislauf des „Wie du mir, so ich dir!“

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Ein größerer Schritt in Richtung Frieden ist, aus diesem Muster auszusteigen. Dafür gibt Jesus einen Hinweis. Jesus glaubt daran: Wenn du dich dem Gegner entwaffnend entgegenstellst, bleibt das nicht ohne Wirkung. Wenn du ihn mit seiner Aggressivität konfrontierst, indem du auf aggressives Zurückschlagen verzichtest, dann bleibt das nicht ohne Wirkung. Sich so zu verhalten, das setzt eine fast nicht vorstellbare Souveränität und Klarheit in der eigenen Sicherheit voraus. Sonst geht das nicht. Und ob das immer geht, ob das immer sinnvoll ist, mag eine Frage bleiben. Aber als Anstoß, als Alternative führt die Weisung sicherlich weiter als das Weitermachen im Rachefeldzug.

Pater Franz Richardt