In der Hitze

Wüste
Bild: unsplash.com, Keith Hardy

Der HERR erschien Abraham bei den Eichen von Mamre, während er bei der Hitze des Tages am Eingang des Zeltes saß. Er erhob seine Augen und schaute auf, siehe, da standen drei Männer vor ihm. Als er sie sah, lief er ihnen vom Eingang des Zeltes aus entgegen, warf sich zur Erde nieder und sagte: Mein Herr, wenn ich Gnade in deinen Augen gefunden habe, geh doch nicht an deinem Knecht vorüber! Man wird etwas Wasser holen; dann könnt ihr euch die Füße waschen und euch unter dem Baum ausruhen. Ich will einen Bissen Brot holen, dann könnt ihr euer Herz stärken, danach mögt ihr weiterziehen; denn deshalb seid ihr doch bei eurem Knecht vorbeigekommen. Sie erwiderten: Tu, wie du gesagt hast! Da lief Abraham eiligst ins Zelt zu Sara und rief: Schnell drei Sea feines Mehl! Knete es und backe Brotfladen. Er lief weiter zum Vieh, nahm ein zartes, prächtiges Kalb und übergab es dem Knecht, der es schnell zubereitete. Dann nahm Abraham Butter, Milch und das Kalb, das er hatte zubereiten lassen, und setzte es ihnen vor. Er selbst wartete ihnen unter dem Baum auf, während sie aßen. Sie fragten ihn: Wo ist deine Frau Sara? Dort im Zelt, sagte er. Da sprach er: In einem Jahr komme ich wieder zu dir. Siehe, dann wird deine Frau Sara einen Sohn haben.

Genesis 18, 1–10a

Abraham sitzt in der größten Hitze des Tages am Eingang seines Zeltes – versuchen wir, uns in ihn hineinzuversetzen:

Puh, ist das sengend heiß heute. Das ist sicherlich die heißeste Stunde und der heißeste Tag im ganzen Jahr. Es ist so drückend warm, das Atmen fällt mir hier in der Wüste so schwer wie nie. Und so wie das Wetter um mich herum, so ist es auch in mir drin: Alt bin ich, müde und kraftlos. Ich warte jetzt schon so lange, dass die Verheißungen Gottes für mich und Sara in Erfüllung gehen. Eigentlich warte ich gar nicht mehr, Sara ist ja lange über die Wechseljahre hinaus. Ich mag auch gar nicht ins Zelt gehen, da sind wir dann zu zweit trostlos. Ich bin einfach enttäuscht. Hoffnungslos enttäuscht. Eine große Nachkommenschaft, ein neues Land und Seinen Segen für immer hatte Gott uns immer wieder zugesagt. Aber es ist gar nichts passiert. Wir haben sogar letztlich selbst versucht, die Verheißungen Gottes zu verwirklichen. Aber selbst das ‚Do-it-yourself‘ ist nur in die Hose gegangen: Die Geburt von Ismael hat uns nur weitere Probleme, Konflikte und Enttäuschungen verursacht. Jetzt sitze ich da beim Zelteingang und bin einfach meines Lebens müde. Es hat alles einfach keine Zukunft.

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„Bei der Hitze des Tages“ – eine Erfahrung, die auch wir in unserem Leben machen, wenn uns alles zu viel erscheint. Wenn es keinen Raum mehr gibt für Träume, für einen positiven Blick auf die Zukunft. Wann befinde ich mich in Abrahams Situation oder wann habe ich mich dort befunden?

Die Geschichte von Abraham endet aber nicht bei der drückenden Mittagshitze: Er richtet seinen Blick auf von seinem Ge- und Bedrücktsein nach oben, er schaut in die Weite, er nimmt eine breitere Perspektive im Blick. In der Tiefe seiner Seele war doch noch ein winziges Stückchen Hoffnung geblieben.

Und genau da, als Abraham doch wagt, den Blickwinkel zu wechseln und sich etwas Neuem öffnet, passiert das Unerwartete. Gott lässt sich durch die Worte der Gäste, der fremden Gäste, mitteilen. Abraham bekommt eine vertrauenserweckende Zusage.

Vielleicht bemerken auch wir die Einladung, unsere Perspektive zu wechseln, die Dinge, die uns am meisten betrüben, mit anderen Augen anzuschauen. Uns überhaupt für etwas Neues zu eröffnen, ist schon ein Wunder. – Und manchmal ergibt es sich noch ein zweites Wunder durch Herzen, die sich menschlichen Begegnungen öffnen. Insbesondere den Fremden.

Roberto Piani