Jede(r) kann ein Engel sein
„Entschuldigen Sie Herr Weihbischof, kennen Sie den Engelmonat?“, fragte mich am letzten Sonntag ein älterer Herr.
„Ja“, antwortete ich, denn ich weiß von Kindesbeinen an: Der September gilt in der katholischen Kirche im Volksmund traditionell als „Engelmonat“, was daran liegt, dass die Kirche das Fest der drei Erzengel Michael, Gabriel und Raphael am 29. September feiert.
Was kann uns denn das Fest dieser Drei sagen – jenseits der vielen mehr oder weniger geschmackvollen Engelsdarstellungen, die uns fast täglich irgendwo begegnen? Einen Zugang geben uns ihre Namen: „Michael“ kann übersetzt werden mit: „Wer ist wie Gott?“, „Gabriel“: „Meine Kraft ist Gott“, und „Raphael“: „Gott heilt“ – was für ein „Namensprofil“ deutet sich da an!
Mit diesen Engelsnamen werden Themen ins Spiel gebracht, die mit grundsätzlichen Fragen, Sehnsüchten und Wünschen zu tun haben, und uns Menschen deshalb im Innersten anrühren:
„Michael“ hinterfragt, ob wir Menschen uns nicht allzu oft an die Stelle Gottes setzen. Das kann fatale Folgen haben, weil dann auch Solidarität und Zusammenhalt auf der Strecke bleiben, wenn wir uns selber absolut setzen. Gott aber möchte, dass wir uns als Christen gerade für solche Werte einsetzen und auf der Seite derer stehen, die bedürftig sind, dringend Zuneigung in vielfältigen Formen brauchen. Und Gott gibt uns dann, wenn wir mit ihm auf der Seite der Menschen stehen, zu unserem Tun die Kraft – so verheißt es „Gabriel“: Bei allen menschlichen Grenzen, bei aller Schuld, die uns einengt, dürfen wir auf Gottes Nähe und Barmherzigkeit vertrauen. Tja: Und wo das gelingt, wird der Himmel auf Erden erfahrbar, da heilt – „Raphael“ – Gott selber durch uns!
Über den Autor
Johannes Wübbe ist Weihbischof in unserem Bistum. Auf wen er in seinem Alltag trifft und was ihn bewegt – wir werden das in seinen Blogbeiträgen verfolgen.
Der Engel als Element auf dem Bischofsstab
Übrigens: Auch meinen Bischofsstab ziert u. a. ein Engel. In vielen Gesprächen gerade auch mit jungen Menschen begegnet mir der Wunsch, es möge sie doch ein guter Engel begleiten, der sie beschützt und auf sie aufpasst. Das möchte ich durch meinen Dienst auch ein Stück sein: ein solcher Begleiter, der zu einem eigenständigen, guten Leben in Freiheit und Fülle seine Unterstützung anbietet.
Die Bibel versteht Engel tatsächlich genauso: Sie kennt diese Boten Gottes, die sich von ihm in guter Mission schicken lassen, um Menschen zu ihm hinzuführen. Und gerade dadurch finden sie immer mehr zu sich selber, zu ihrer ureigenen Mitte. Wie gut, dass Gott auch uns zutraut, Engel, Boten Gottes auf Erden für andere in diesem Sinne zu sein!
Heute schon einem Engel begegnet oder als Engel gewirkt?