Kirche muss sich verändern

Kirche muss sich verändern
Bild: pixabay.com, meipakk

In jener Zeit begann Jesus in der Synagoge in Nazaret darzulegen: Heute hat sich das Schriftwort, das ihr eben gehört habt, erfüllt. Alle stimmten ihm zu; sie staunten über die Worte der Gnade, die aus seinem Mund hervorgingen, und sagten: Ist das nicht Josefs Sohn? Da entgegnete er ihnen: Sicher werdet ihr mir das Sprichwort vorhalten: Arzt, heile dich selbst! Wenn du in Kafarnaum so große Dinge getan hast, wie wir gehört haben, dann tu sie auch hier in deiner Heimat! Und er setzte hinzu: Amen, ich sage euch: Kein Prophet wird in seiner Heimat anerkannt. Wahrhaftig, das sage ich euch: In Israel gab es viele Witwen in den Tagen des Elija, als der Himmel für drei Jahre und sechs Monate verschlossen war und eine große Hungersnot über das ganze Land kam. Aber zu keiner von ihnen wurde Elija gesandt, nur zu einer Witwe in Sarepta bei Sidon. Und viele Aussätzige gab es in Israel zur Zeit des Propheten Elischa. Aber keiner von ihnen wurde geheilt, nur der Syrer Naaman. Als die Leute in der Synagoge das hörten, gerieten sie alle in Wut. Sie sprangen auf und trieben Jesus zur Stadt hinaus; sie brachten ihn an den Abhang des Berges, auf dem ihre Stadt erbaut war, und wollten ihn hinabstürzen. Er aber schritt mitten durch sie hindurch und ging weg.

Lukas 4, 21–30

 

Ein Sprichwort besagt „Der Prophet im eigenen Land ist nichts wert“. Da scheint etwas dran zu sein – und das musste sogar Jesus selbst erleben, wie das oben stehende Evangelium erzählt. Ich selbst habe beides schon erlebt: sowohl, dass manche gesellschaftliche Themen unter engeren Bekannten, Freunden und Familie schwierig sind, aber auch, dass man durchaus gut mit Vertrauten über alles sprechen kann. Und ich würde mich zwar nicht als Prophetin bezeichnen, aber ich arbeite tatsächlich seit mehr als sechs Jahren in meiner Heimatgemeinde und komme dort gut zurecht …

Seit vergangener Woche denke ich über das Prophet*in im eigenen Land sein nochmal ganz neu nach:A m 24. Januar wurde unter dem Titel „Wie Gott uns schuf“ eine Dokumentation veröffentlicht, in der sich hundert Gläubige im Dienst der katholischen Kirche geoutet haben. Sie haben gemeinsam den Schritt in die Öffentlichkeit gewagt. Sie alle sind queer und haben vom Kampf um ihre Kirche erzählt.

Logo #outinchurch
Die Kampagne zum Film ist auf der Internetseite outinchurch.de zu finden. Bild: outinchurch.de

Ich finde den Mut dieser Menschen bemerkenswert, und ich frage mich ganz ehrfürchtig, wie stark und tief der Glaube dieser engagierten Christ*innen sein muss, dass sie für den Einsatz für ihren Glauben und das Weitertragen und Verkündigen der Botschaft Gottes lange Zeit so viel Schmerz, Angst, Ärger und vieles mehr in Kauf genommen haben. Ich bin froh und dankbar, dass sie durch diese Aktion zu Prophet*innen im eigenen Land, in ihrer Kirche, der sie trotz allem eben NICHT den Rücken kehren wollen, geworden sind. Hoffentlich bringen sie weiter Dinge in Bewegung, damit unsere Kirche lernen und sich verändern kann. Und die Kirche muss sich verändern!

Unser Bischof Franz-Josef Bode schrieb zur Kampagne #outinchurch: „Die Grundbotschaft der Kirche ist Gottes vorbehaltlose Liebe für alle Menschen – in ihrer Vielfalt und Einzigartigkeit. Das muss auch für alle Beziehungen gelten, sofern sie von Liebe und gegenseitiger Achtung getragen sind.“ Der Hamburger Erzbischof Stefan Heße schrieb: „Eine Kirche, in der man sich wegen seiner sexuellen Orientierung verstecken muss, kann nach meinem Dafürhalten nicht im Sinne Jesu sein.“ Und unser Weihbischof Johannes Wübbe: „Als Kirche können wir nicht glaubwürdig Nächstenliebe verkünden und leben, wenn wir Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung ausschließen.“

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Diese Reaktionen der Bischöfe zeigen mir, dass die Prophet*innen im eigenen Land in diesem Fall, Gott sei Dank, nicht an den Abhang gebracht werden, um sie hinabzustürzen, sondern dass sie gehört und verstanden werden, und dass es eben doch möglich ist, die Kirche zu verändern! Mir ist klar, dass es noch genügend Menschen geben wird, die sie eben doch zum Abhang bringen und hinunterstürzen wollen, aber ich hoffe, dass die anderen Stimmen lauter, deutlicher und klarer sind, und dass die mutigen Prophet*innen wie Jesus im Evangelium mitten durch die Widersacher hindurchschreiten und von ihnen weg gehen – und zwar erhobenen Hauptes!

Mir und uns allen, die wir die Kirche noch nicht aufgegeben haben, denen sie noch am Herzen liegt und die bleiben, um in ihr etwas zum Guten, zum Besseren zu bewegen, wünsche ich prophetischen Mut – auch wenn es im eigenen Land ist.

Pastoralreferentin Eva Schumacher